Digitale Schule in Essen: Tablets, WLAN und digitaler Unterricht

Deutschland und Digitalisierung scheinen nur langsam Freunde zu werden. Für Schulen wurde schon seit längerem der Digitalpakt abgeschlossen. Für Essen liegen da über 33 Millionen Euro bereit. Corona hat der Digitalisierung von Schulen einen Schub gegeben und gezeigt - es muss wirklich was passieren. Aber ist etwas passiert und was genau? Wie digital sind die Schulen in Essen? Das war auch Thema an unserem Social-Media-Sonntag am 18. Oktober bei Radio Essen.

Medienraum am Gymnasium am Stoppenberg in Essen
© Radio Essen/Larissa Schmitz

Stadt Essen: Es geht nicht nur um Geräte...

Deutschland wird aktuell immer wieder mit Dänemark verglichen. Dort läuft die Digitalisierung der Schulen ziemlich gut. 100 Prozent der Schüler haben in Dänemark Tablets im Unterricht. In ganz Essen gab es bisher knapp 10.000 Geräte für die Schüler - also bei rund 60.000 Schülern in Essen sind das gerade mal knapp 15 Prozent. Jetzt kommt die Sofortausstattung ins Spiel: Fördergelder, mit denen Schüler aus ärmeren Verhältnissen sich Tablets leihen können für ihre Schulzeit. Fast 6 Millionen Euro sind das für Essen, davon hat die Stadt bis zu den Herbstferien schon 17.000 weitere Tablets bestellt. Ein Anfang.

Zur Digitalisierung der Schulen gehört aber noch viel mehr, als nur die Endgeräte, sagt Christel Thewes, Leiterin des Alfried Krupp-Schulmedienzentrums der Stadt Essen. Es geht neben den Endgeräten auch um eine starke Infrastruktur, also flächendeckendes WLAN, und auch um die Fortbildung der Lehrkräfte und diaktische Lösungen.

Die Stadt hat auch schon vor Corona an den Konzepten für den Digitalpakt gearbeitet. Um die Gelder zu bekommen, müssen sehr umfangreiche Medienentwicklungskonzepte erstellt werden, von jeder Schule selbst. So soll klar geplant werden, für was die Schule, welches Geld haben will. Dafür hat die Stadt für ihre Schulen in Essen Gremien gebildet und unter anderem vier Modelle entwickelt, von denen sich die Schulen eins aussuchen können, um so die Konzepte einfacher auszufüllen. Dann geht alles gebündelt ans Land NRW. Bis Ende 2021 müssen die Gelder für den Digitalpakt verplant und abgerufen werden.

© Radio Essen

Learning Lab Essen: Brauchen wir noch Klassenräume?

Das Learning Lab an der Uni in Essen hilft bei der Digitalisierung von Schulen.
Das Learning Lab an der Uni in Essen hilft bei der Digitalisierung von Schulen.© Radio Essen/Larissa Schmitz
Das Learning Lab an der Uni in Essen hilft bei der Digitalisierung von Schulen.
© Radio Essen/Larissa Schmitz

Wann ist Schule denn eigentlich genau digital? Ist das schon mit der technischen Ausstattung getan? Oder müssen wir darüber hinaus denken? Das sind die Fragen, mit denen sich das Learning Lab an der Uni Duisburg-Essen beschäftigt. Die Fachkräfte, wie Bettina Waffner, unterstützen die Stadt Essen und das Schul-Netzwerk bei dem Entwicklungsprozess. Das Learning Lab sorgt für den Austausch zwischen den Schulen, unterstützt und berät Schulleiter und Lehrer beim Umdenken zur Digitalisierung.

Brauchen wir überhaupt noch einen Klassenraum, wenn wir von digitaler Schule sprechen? Es geht neben der Ausstattung mehr darum, neue didaktische Modelle zu entwickeln.

Bettina Waffner vom Learning Lab sagt, das beste Erfolgsrezept, damit Schulen sich beim Digitalpakt auch nicht verrennen, ist das Ausprobieren. Anders ginge es kaum. Ausprobieren mit eigenen Möglichkeiten, eigenen Geräten und dann immer wieder mit anderen Schulen austauschen, was gut lief und was nicht. So findet jede Schule ihre individuelle Lösung und kann daran das Konzept für den Digitalpakt erstellen.

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Digitale Schule für Lehrer und Schüler in Essen

Wie stellen sich Lehrer und Schüler in Essen digitale Schulen vor? Die Wünsche reichen von bescheiden, wie flächendeckendes WLAN, papierloses Arbeiten, bis zu Verrücktem, wie VR-Brillen im Biounterricht.

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Schulen in Essen können digital

Was bringt das Meckern? Das denken sich auch einige Schulen in Essen. Taten müssen kommen. Das fordern auch Eltern in Essen. Die Möglichkeiten nutzen, die da sind und sich dann weiter behelfen. Ein paar Beispiele stellen wir Euch hier vor.

Digitale Schule: Gymnasium am Stoppenberg

Den Titel "Digitale Schule" hat das Gymnasium 2019 gewonnen, als einzige Schule in Essen. Unter anderem deshalb, weil sie sich schon früh vor einigen Jahren darum gekümmert haben, dass die Ausstattung stimmt. So gibt es z.B. in allen Räumen einen festen Beamer, fast alle Schüler haben Endgeräte, die sich für die Schule nutzen können oder zumindest Zugang dazu. Die Schule hat einige Medienräume für den Unterricht und zum Lernen für die Schüler. Außerdem gibt es seit Neustem einen Hybrid-Klassenraum. Der ist komplett verkabelt mit Beamer, Videochat, Mikros. So können Schüler dazu geschaltet werden, die länger krank sind oder aus Risikogründen in der Corona-Pandemie nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können.

Dazu ist die Schule schon ein gutes Stück weiter vorne, was den Digitalpakt angeht. Mit dem Bistum Essen als Träger wurde die Schule angetrieben. Es gibt eine Art Digitalrat, der sich darum gekümmert hat, dass Medienentwicklungskonzept zu erstellen. So sind schon die ersten Gelder in Bestellungen umgewandelt: Bald kommen mehr digitale Tafeln und auch stärkeres flächendeckendes WLAN an die Schule in Stoppenberg.

Cloud-Arbeit am Gymnasium Essen-Überruhr

Das städtische Gymnasium hat auch schon einiges im Test: Ein paar Smartboards in Beamerform und sie bauen Medienscouts auf. Das sind Schüler, die im Umgang mit Medien und auch sozialen Medien geschult werden und damit wiederum ihren Mitschülern helfen. Während des Corona-Lockdowns hat die Schule angefangen mit der HPI-Cloud des Bunds zu arbeiten. Darüber werden Materialien ausgetauscht und die Schüler können ihre bearbeiteten Aufgaben schnell dort wieder hochladen.

Mit der Cloud läuft alles gebündelter ab. Das war anfänglich noch chaotisch, sagt die Leiterin des Gymnasiums. Bevor die Cloud eingerichtet war und alle damit umgehen konnten, gingen viel Mails hin und her. Aber sie haben schnell gemerkt: Unterricht per Mail ist nicht auf Dauer machbar. Vielmehr setzen sie mit vielen Fortbildungen darauf, dass Lehrer den Unterricht komplett umdenken, die Ausstattung und Programme allein sind nicht gleich digitale Schule.

Gustav-Heinemann-Gesamtschulle fährt zweigleisig

An der Gesamtschule in Schonnebeck fangen die Probleme schon an der Basis an. Die Pandemie hat gezeigt, Schüler und Lehrer sind nicht richtig ausgestattet, haben nicht alle Laptops oder Tablets zur Verfügung oder die Geräte reichen nicht aus, um die Unterrichtsaufgaben zu bearbeiten, sagt Lehrerin Julia Klewin im Radio Essen-Interview. Sie hofft, dass die Sofortausstattung der Stadt Essen da weiterhilft. Die Schule bekommt gerade einen Neubau nebenan, der soll deutlich digitaler werden.

Trotzdem hat auch die Gustav-Heinemann Gesamtschule sich durch den Lockdown geholfen. Sie haben angefangen mit der Schulcloud Logineo des Landes NRW zu arbeiten. Die nutzen sie hauptsächlich unter den Lehrern zum Austausch von Materialien und Notenlisten. Den Online-Unterricht mit den Schülern führen sie mit Microsoft Teams durch. Die ganzen Konten haben drei Lehrer innerhalb weniger Tage für über Tausend Schüler angelegt. Julia Klewin wünscht sich, dass die Lehrer damit nicht komplett alleine gelassen werden und es generell schneller geht mit der Digitalisierung. Konzepte sind wichtig, um zu wissen, wo es wie hingehen soll. Aber für sie müsste es eine Rundum-Ausstattung sofort geben und dann könne sich jede Schule Learning-by-Doing weiterentwickeln.

Einheitliche Digitalisierung vs. Eigeninitiative

Die Beispiele in Essen zeigen: Selbst sind die Schulen. Wären nicht viele Lehrer so engagiert, dann wäre der Lockdown noch viel chaotischer abgelaufen. Aber ist es Sinn der Sache, dass Schulen und Lehrer selbst alles in die Hand nehmen? Dass die Hürden für die Förderung so hoch sind? Ist das neben dem Alltagsgeschäft in den Schulen zu meistern?

Lehrerin Julia aus Rüttenscheid sagt - nein!

Neben Korrekturen, Unterrichtsvorbereitung und Lehrerkonferenzen kann ich mich nicht noch um digitale Möglichkeiten kümmern.

Sie hat im Lockdown für ihre Schüler einen Online-Escape-Room erstellt, in stundenlanger Arbeit - auch in ihren Freizeitstunden. Die Schüler zuhause am Ball halten und mit Dramen aus dem Deutschunterricht Passwörter für pdf-Dateien und andere Programme knacken - das war der Hintergrund und kam bei den Schülern überwiegend gut an. Es war mal was anderes und hat Spaß gemacht, berichtet Julia.

Es war aber auch ein großer Aufwand, weil digitale Lösungen für den Unterricht bisher nur Behelfslösungen sind. Das soll der Digitalpakt ja ändern, aber der aktuelle Stand zeigt: Bis die Früchte davon greifen, wird es in Deutschland insgesamt immer noch eine ganze Weile dauern. Da ist weiterhin die Kreativität der Lehrer und Schüler gefragt.

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