Polizei Essen kontrolliert Fans vor RWE-Spiel - Ultras boykottieren Spiel
Veröffentlicht: Montag, 07.04.2025 13:29
Rot-Weiss Essen hat im Abstiegskampf der 3. Liga drei wichtige Punkte gegen Hansa Rostock geholt. Die Gäste mussten auf Unterstützung vieler Fans verzichten. Auslöser war eine Polizeikontrolle.

Rot-Weiss Essen gegen Hansa Rostock im Zeichen des Hinspiels
Das Spiel zwischen Rot-Weiss Essen und Hansa Rostock am Sonntagabend (6. April) war nicht nur aufgrund der Abstiegssorgen der Essener brisant. Das Spiel wurde von mehreren Themen abseits des Sportlichen begleitet. So wurde die Partie vom DFB extra auf einen Sonntagabend angesetzt – „aus Sicherheitsgründen“, wie es hieß. Durch die für Fans unfreundliche Anstoßzeit und die weite Reise sollte offenbar die Zahl der anreisenden Fans reduziert werden.
Dabei spielten auch sicher die Ereignisse beim Hinspiel eine Rolle. Vermummte Rostocker griffen einen RWE-Fanzug an, in dem auch viele Kinder saßen. Das Ganze geschah, so vermutet die Polizei inzwischen, nach Absprache mit Essener Hooligans. Eine Prügelei an einer Bahnstrecke – für die Polizei stellte dies eine neue Dimension der Gewalt dar. Daher wurde auch das Spiel an der Hafenstraße als Sicherheitsspiel eingestuft. Begonnen wurde mit den Toiletten, die geschlossen waren, da das Zerstören von Toiletten, nicht nur, aber auch bei Rostockern, offenbar zur Unsitte geworden ist.
Dennoch wurden 1.900 Tickets an Rostock verkauft. Nicht alle Ticketkäufer schafften es jedoch wirklich ins Stadion. Der Grund war ein Einsatz der Polizei Essen.
Polizei Essen kontrolliert Rostocker
Nach Angaben der Polizei haben sich beide Vereine zusammen mit der Polizei Essen nach den Erfahrung des Hinspiels intensiv auf das Spiel vorbereitet. Kontrollen von Fans wurden an der B224 durchgeführt. Währenddessen bekamen die Beamten nach eigenen Angaben Hinweise, dass sich mehrere Gästefans im Bereich des Wasserschloss Wittringen in Gladbeck aufhalten würden. Sie sollten Schutzbewaffnungen und Vermummungsmaterial dabei gehabt haben Daraufhin kontrollierte die Polizei mehrere Fahrzeuge von Rostock Fans. Die Essener Straße war deswegen gesperrt.
Polizei Essen verbietet Stadionbesuch
Bei den Kontrollen wurden laut der Polizei sieben Verstöße gegen das Vermummungsverbot und ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt. Zwei Mal wurde Schutzbewaffnung gefunden. Den jeweiligen Personen wurde der Stadionbesuch verboten und ein Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet. Insgesamt waren nach Polizeiangaben rund 100 weitere Autos vor Ort. Zusammen mit den kontrollierten Personen machten sie sich auf den Weg zurück nach Rostock und boykottierten somit das Spiel. Die aktive Fanszene der Rostocker blieb dem Stadion also fern, wodurch es kaum Stimmung und keinen organisierten Support im Gästeblock gab. Hansa-Trainer Daniel Brinkmann wollte sich direkt nach dem Spiel nicht dazu äußern. Die Polizei hingegen zieht ein positives Fazit:
"Die Umsetzung des Einsatzkonzeptes ist aufgegangen. Durch konsequentes polizeiliches Auftreten haben wir einen sicheren Spielverlauf gewährleistet", sagt der Leitende Polizeidirektor Peter Both.
Im Vorfeld der Partie war den Rostock-Fans auch eine Choreographie untersagt worden. Das kritisierten auch die Essener Fans mit einem Banner in der Fankurve.

Rot-Weiss Essen-Fan nach Spiel angegriffen - Zeugen gesucht
Nach dem Spiel wollte ein 17-jähriger RWE-Fan nach Hause fahren. Mehrere Rostock-Anhänger wollten am Hauptbahnhof seine rote Sportjacke gewaltsam wegnehmen. Der junge Mann konnte in den Osttunnel fliehen, wo er aber von einer circa zehnköpfigen Gruppe umkreist wurde. Die Gruppe entwendeten seinen RWE-Schal. Dann sind sie in einen Zug gestiegen.
Die Bundespolizei ermittelt jetzt wegen räuberischer Erpressung und versuchtem räuberischen Diebstahl. Wer Angaben zu den Tatverdächtigen machen kann, die am 6. April zwischen 22:50 und 22:55 Uhr am Bahnsteig am Gleis 22 und im Osttunnel des Essener Hauptbahnhofs waren, kann sich bei der Bundespolizeiinspektion Dortmund melden: 0800/6888000.
Rot-Weiss Essen äußert sich zu Beleidigungen gegen Schiedsrichterin
Nachdem auch die Fans von Rot-Weiss Essen zuletzt extrem negativ auf sich aufmerksam gemacht hatten und beim Auswärtsspiel in Verl, vor rund einer Woche, die Schiedsrichterin sexistisch beleidigt haben, distanzierte sich der Verein im Vorfeld der Partie gegen Hansa Rostock von dem Fehlverhalten. Außerdem entschuldigte sich RWE-Vorstandsmitglied Alexander Rang für die Vorkommnisse - zudem kündigte der Verein eine Aufarbeitung an. Hier die Stellungnahme im Wortlaut:
„Im Namen des Vorstandes, aller Gremien und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Rot-Weiss Essen möchte ich mich bei Schiedsrichterin Fabienne Michel für die beleidigenden und an sie persönlich gerichteten Gesänge einer lautstarken Gruppe von Fans im Gästeblock während der Drittligapartie beim SC Verl am 28. März ausdrücklich entschuldigen. Wir sind ein leidenschaftlicher und hochemotionaler Verein, der stolz auf seine Historie und grundsätzlich auch auf seine Fankultur ist – von der getätigten Wortwahl distanzieren wir uns jedoch in aller Deutlichkeit. Sie entspricht nicht unseren Werten und dem, wofür unser Verein steht.
Ich weiß sehr genau, dass die klare Mehrheit unserer Fans, die uns bei Heimspielen im Stadion an der Hafenstraße oder auch bei Auswärtsspielen in Stadien überall in Deutschland unterstützen, sich nicht mit diesen Inhalten identifizieren und diese entschieden ablehnen.
Wir sind bereits dabei, den Vorfall intern aufzuarbeiten. Wir werden den DFB bei den Ermittlungen bestmöglich unterstützen und dem DFB-Kontrollausschuss zeitnah eine Stellungnahme zukommen lassen.
Rot-Weiss Essen tritt, und so ist es auch in unserer Vereinssatzung verankert, diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegen. Das gilt insbesondere für Diskriminierungen und Benachteiligungen von Menschen aufgrund ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Geschlecht, sexuellen Orientierung oder Beeinträchtigung. Und dies lebt so auch ein sehr großer Teil unserer Mitglieder und Fans.
So setzt sich Rot-Weiss Essen beispielsweise seit vielen Jahren über das Projekt „Essener Chancen“ aktiv für Antidiskriminierung ein. Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und wir sehen die große Verantwortung, die wir hier als Traditionsverein in Essen und im Ruhrgebiet haben. Wir haben im vergangenen Jahr im Lernort an der Hafenstraße beispielsweise erfolgreich 27 Workshops zum Thema Antidiskriminierung mit rund 500 Schülerinnen und Schülern veranstaltet.
Es ist uns ein wichtiges Anliegen, allen Menschen, aber besonders der heranwachsenden Generation, deutlich zu machen, dass für Diskriminierung und Sexismus kein Platz ist – nicht bei RWE, nicht in anderen Fußballstadien und auch sonst nirgendwo in der Gesellschaft.“
Ehemalige SGS Essen-Spielerin Oberdorf kritisiert RWE-Fans
Fußball-Nationalspielerin Lena Oberdorf hat auf die sexistischen Beleidigungen gegenüber Schiedsrichterin Fabienne Michel fassungslos reagiert. Sie äußerte sich in ihrem Podcast "Popcorn und Panenka":
"Ich verstehe auch Emotion und Wut und so, aber muss man das denn wirklich so auslassen? Oder ist man im 21. Jahrhundert schon so weit, dass man es schafft, seiner Wut anders Raum zu machen?"
Als "wirklich traurig, auch enttäuschend einfach", bezeichnete die ehemalige Spielerin der SGS Essen die Vorkommnisse weiter. Aus Sicht der Mittelfeldspielerin vom FC Bayern München wäre bei Männern anders reagiert worden. "Wenn du den männlichen Schiedsrichter beleidigst, dann sagst du andere Worte", sagte die 23-Jährige, betonte aber: "Ich finde keine Beleidigung gut."
Rot-Weiss Essen Fans zeigen, wie es sein sollte
Nach dem Spiel gegen Hansa Rostock machte die Fankurve von Rot-Weiss Essen wieder positiv auf sich aufmerksam und zeigte, wie es eigentlich sein sollte. So forderten die Anhänger lautstark Trainer Uwe Koschinat auf, in die Kurve zukommen. So konnten die wichtigen drei Punkte im Abstiegskampf, der weiterhin unglaublich eng ist, gemeinsam gefeiert werden. Der Trainer wusste das nach dem Spiel, von Radio Essen auf die Szenen angesprochen, zu schätzen:
"Das ist eine Mannschaftsleistung, da habe ich eigentlich nicht so viel zu suchen. Aber mein Name ruft sich nun mal leicht. Aber ich habe auch die Erfahrung gesammelt, dass sich ein "raus" dahinter gut dranhängen lässt. Insofern genieße ich jetzt die Situation. Aber ich bin mir meiner Aufgabe bewusst. Es geht darum, Rot-Weiss Essen in der Dritten Liga zu halten. Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass ich da meinen Beitrag zu leiste, dass ich das ordentlich mache und mit viel Energie dabei bin, dann ist das super, aber bei solchen Spielen sollte die Mannschaft im Vordergrund stehen."
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