Angriff auf Fußballfans aus Essen: War alles abgesprochen?

Fußballfans von Rot-Weiss Essen wurden beim Auswärtsspiel bei Hansa Rostock im Sonderzug attackiert. Beide Seiten sollen die Auseinandersetzung verabredet haben. Es gab Durchsuchungen.

Foto: Radio Essen-Hörer Philipp
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Fans aus Essen angegriffen

Es waren schockierende Bilder, am 26. Oktober 2024. Hunderte Fans von Rot-Weiss Essen machten sich mit einem Sonderzug von Essen auf den Weg nach Rostock, zum Auswärtsspiel gegen Hansa Rostock. Darunter waren viele Familien mit Kindern. Nördlich von Berlin musste der Zug dann plötzlich stoppen: Eine Horde vermummter, weißgekleideter Personen, vermutlich Hooligans von Hansa Rostock, tauchten an den Gleisen auf und bewarfen den Zug mit Steinen und Böllern.

Dicke Steine landeten in den Abteilen, Fenster wurden zerstört. Außerhalb des Zuges soll es dann eine Schlägerei gegeben haben. Insgesamt gab es drei leicht verletzte Personen. Im Nachgang nahm die Bundespolizei die Ermittlungen auf. Bei Hansa Rostock sind sogar Aufsichtsratsmitglieder als Konsequenz zurückgetreten. Es war nicht der erste und auch nicht der letzte Vorfall der Rostocker. Auch bei RWE wurde das Verhalten verurteilt. Jetzt gibt es erste Erkenntnisse der Ermittlungen - darunter ein heftiger Verdacht: Wussten Essener Fans Bescheid?

Attacke auf den Sonderzug im Oktober

Razzia in Essen nach Hooligan-Attacke

Die Bundespolizei hat am Dienstagmorgen (11. März) die Wohnungen von 31 Verdächtigen durchsucht. Die Razzia fand in NRW und Mecklenburg-Vorpommern statt. Außerdem in Berlin und Brandenburg. Bei uns in Essen wurde nach Radio Essen-Informationen mindestens eine Wohnung in Kupferdreh durchsucht. Ermittelt wird wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall. Außerdem wird wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung sowie wegen des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ermittelt. Haftbefehle gab es bisher noch keine, ein Mann wurde aber abgeführt und vernommen. Außerdem haben die Beamten einige Beweise gesichert. Die Maßnahmen sollen aber erst der Anfang gewesen sein. Handys, Computer und Unterlagen sollen ausgewertet werden.

© Justin Brosch
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Wussten Fans aus Essen Bescheid?

"Unsere bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass die Fans aus Rostock und Essen sich gezielt zu dieser Auseinandersetzung verabredet haben."

Das sagt eine Sprecherin der Bundespolizei. Ein schlimmer Vorwurf, wurden doch viele unbeteiligte Fans einer Gefahr ausgesetzt. 780 Menschen sollen im Sonderzug der Essener gewesen sein. Ein 20-jähriger Mann aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg wurde kurz nach der Tat als Verdächtiger identifiziert. Am Zug soll ein Schaden in Höhe von 118.000 Euro entstanden sein. Die Bundespolizei spricht von einem gezielten Angriff und organisierten Tätern, die konspirativ und gefährlich vorgegangen seien. 

Rot-Weiss Essen will sich nicht äußern. Vorstand Alexander Rang hatte sich schon direkt nach dem Vorfall distanziert. Am Dienstag sagt er:

"Es ist ein laufendes Verfahren der Ermittlungsbehörden. Daher können wir dazu derzeit keine Stellungnahme abgeben."

Razzia in Essen

Keine Ermittlungen gegen Rot-Weiss Essen

Am Dienstagvormittag liefen die Razzien weiter. Es gab einen Durchsuchungsbeschluss für das AWO Fanprojekt und Räume der Fan- und Förderabteilung am Stadion an der Hafenstraße. Wie die ermittelnde Bundespolizei in Berlin im Gespräch mit Radio Essen sagt, laufen keine Ermittlungen gegen Rot-Weiss Essen oder die Fan- und Förderprojekte. Es geht bei den Beschlüssen darum, weitere Erkenntnisse zum Sonderzug zu bekommen. Diese Züge werden häufig vollständig oder zum Teil von Fanprojekten organisiert. In diesem Zusammenhang möchte die Polizei bestimmte Unterlagen. Werden die geforderten Unterlagen freiwillig herausgegeben, gibt es auch keine Durchsuchungen, sagt die Sprecherin der Bundespolizei. Sie spricht im Zusammenhang der Tat und der Erkenntnis, dass sich die Fangruppierungen zu dieser Gewalt abgesprochen haben sollen, von einer neuen und "anderen Dimensionen", in die vorgestoßen wurde.

Festnahmen gibt es weiterhin keine, auch keine Haftbefehle. Die 31 Tatverdächtigen werden alle einmal erkennungsdienstlich behandelt. Das heißt, sie werden einmal von der Polizei zur Wache gebracht und können dann wieder gehen.

Durchsuchung AWO Fanprojekt in Essen

Kugelbomben in Essen sichergestellt

Die Polizisten brachen drei Wohnungen auf, weil dort jeweils niemand geöffnet hätte. In Essen wurden dabei zwei Kugelbomben gefunden, in Rostock eine Handgranate, so die Bundespolizei. Bei der Handgranate handele es sich um eine "Übungsgranate". Zudem wurden in Essen eine Schreckschusspistole, ein Butterfly-Messer sowie eine Luftdruckwaffe mit Prüfzeichen gefunden. Die Einsatzkräfte stießen teils auch auf Pyrotechnik. 

Nächstes Spiel in Essen nicht zu fanfreundlichen Zeiten

Mitten in der brisanten Lage hat der Deutsche Fußballbund am Mittwoch (12. März) die zeitgenauen Ansetzungen der Drittliga Liga bekanntgeben. Darunter fällt auch das Heimspiel von Rot-Weiss Essen gegen Hansa Rostock. Das Spiele wurde nicht zu einer fanfreundlichen Zeit angesetzt - und das ganz bewusst. Das Spiel wurde auf Sonntagabend (6. April) um 19:30 Uhr gelegt. Laut RWE wurde dieser Termin aus Sicherheitsgründen gewählt und vom DFB in Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden festgelegt. Ob dann weniger Rostocker nach Essen reisen, wird sich zeigen.

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