Essen ohne Strom: Was passiert in der Stadt bei einem Blackout?

In Essen bereiten sich die Stadt Essen, die Krankenhäuser, die Altenheime und viele Unternehmen schon den ganzen Winter über auf einen möglichen Blackout vor, auch wenn die Wahrscheinlichkeit weiter als gering angesehen wird. Zumal der Winter ja auch langsam Richtung Ende steuert. Aber es kann ja nie schaden, vorbereitet zu sein. Radio Essen klärt auf: Was bedeutet ein Blackout? Wer ist wie vorbereitet? Wie könnt Ihr Euch selbst vorbereiten? Hier findet Ihr Einblicke hinter die Kulissen von Stadt und einigen Firmen und Einrichtungen, die immer einen Notfallplan als Backup haben sollten und müssen.

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Essen ohne Strom - Die Ausgangslage

In Essen, ganz Deutschland und Europa ist ein Blackout in diesem Winter wegen der Energiekrise inzwischen relativ unwahrscheinlich geworden. Im letzten Jahr, als nicht klar war, wie viel Gas Deutschland noch geliefert bekommt und wie weiter Energie produziert wird, gab es Experten, die vor einem Blackout gewarnt haben. Danach haben wir bei Radio Essen ausführlich und sorgfältig recherchiert. Wir haben mit zahlreichen Experten und Unternehmen gesprochen. Wir haben gefragt, wie sie sich auf einen möglichen Blackout vorbereiten. Die Antworten sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Das ist eine Zusammenfassung der Ergebnisse. In einem Expertentalk am 22. Februar 2023 um 18 Uhr mit dem Ordnungsdezernenten der Stadt Essen Christian Kromberg haben wir weitere Fragen geklärt, wie die Stadt auf ein solches Szenario bis jetzt vorbereitet ist.

Essen versinkt im Dunkeln: Was bedeutet Blackout?

Bei einem Blackout kommt es zu einem deutschland- oder sogar europaweiten kompletten ungeplanten Stromausfall, das sagt der Netzbetreiber Amprion. Dort sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür verantwortlich ausreichend Strom für die Stadtwerke Essen zur Verfügung zu stellen. Die Netzbetreiber verteilen den Strom hier in Essen auf die einzelnen Haushalte. Im übertragenen Sinne ist Amprion für die Stromautobahnen zuständig, die anderen für die Bundes- und weiteren Straßen.

Es müssen mehrere Faktoren zusammen kommen, damit das europäische Stromnetz komplett zusammen bricht. Unmöglich ist es nicht, wie bei jedem technischen System, aber unwahrscheinlich, erklärt die Sprecherin von Amprion Solveig Wright im Interview mit Radio Essen-Moderatorin Anna Bartl. Hier erklären wir auch, was unter einem Lastabwurf zu verstehen ist. Denn das ist das wahrscheinlichere Szenario, das der Netzbetreiber annimmt. Dabei geht es um eine diskriminierungsfreie Abschaltung von einzelnen Nutzern für einen kurzen Zeitraum (im Durchschnitt 90 Minuten) vom Stromnetz. Hier sind die weiteren Informationen der Bundesnetzagentur zu diesen Themen.

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Völliger Stromausfall in Essen? So vorbereit ist die Stadt Essen auf einen Blackout

Die Stadt Essen führt seit Monaten mit unterschiedlichen Partnern Gespräche zum Thema Vorbereitung auf einen möglichen Blackout. Sie erarbeitet Stück für Stück einen Katastrophenplan für den Notfall aus, denn einen Notfall-Plan sollte eine Kommune für alle möglichen Szenarien haben. Experten gehen davon aus, dass man im Falle eines totalen Stromausfalls für 72 Stunden im Voraus planen kann. Was passiert, wenn ein solcher großflächiger Stromausfall länger dauert, ist auch für Experten nur sehr schwer einzuschätzen. Deshalb werden die Katastrophenpläne für einen Zeitraum von 72 Stunden vorbereitet.

In einem solchen Katastrophenfall tritt bei der Stadt Essen ein Krisenstab zusammen. Die Strukturen hat die Stadt bereits während der Corona-Pandemie immer wieder umgesetzt. Die Stadt will im Fall eines Blackouts, Notfall-Informations-Punkte (kurz NIPS) anbieten. Das sind Gebäude in der Stadt, die über ein Notstromaggregat versorgt werden können. Dort können sich Essenerinnen und Essener informieren und erhalten Hilfe. Allerdings können sie dort keinen Strom zum Beispiel zum Aufladen von Handys oder anderen Geräten bekommen. Die Stadt baut aktuell 15 solcher NIPS aus und beschafft gerade die Notstromaggregate dafür, macht die Personalplanung und schult das Personal. In einigen Wochen will die Stadt die Standorte der NIPS bekannt geben und weiter informieren, sagt Ordnungsdezernent Christian Kromberg im Radio Essen-Talk. Sein Ziel ist es in Zukunft in allen Stadtteilen einen solchen Notfall-Informations-Punkt einzurichten. Das wird aber noch einige Zeit dauern. Die Stadt Essen will außerdem bei Eintritt des Blackouts die Sirenen einsetzen und über die gängigen Warn-Apps informieren.

Die Entsorgungsbetriebe Essen haben bereits Notfallpläne erarbeitet. So solle der Müll auch weiter abgeholt werden. Die Müllabfuhr hängt allerdings davon ab, ob die Fahrzeuge betankt werden können. Schon jetzt tanken die Fahrer der EBE immer zum Dienstschluss die Fahrzeuge wieder voll, um eine Kraftstoffreserve zu haben.

Die Ehrenamt Agentur gehört ebenfalls zum Konzept der Stadt Essen. Von dort sollen Menschen unterstützt werden, die sich nicht selbst helfen können.

Die Ruhrbahn müsse bei einem Blackout den Betrieb der Straßen- und U-Bahnen einstellen, sagt die Stadt. Der Busverkehr würde nur eingeschränkt möglich sein.

Bürger in Essen können selbst vorsorgen für längeren Stromausfall

Bei einem Stromausfall funktionieren praktisch alle gewohnten Dinge im Haushalt nicht mehr. Das fängt bei der Beleuchtung an und endet bei der elektrischen Zahnbürste und beim Rasierer. Auch Computer und weitere technische Geräte funktionieren nur solange ihre Akkus halten und können vorerst nicht mehr aufgeladen werden. Deshalb raten Experten dazu, immer Taschenlampen und/oder Stirnlampen und Kerzen im Haus zu haben. Ein Vorrat an Wasser in Flaschen ist ebenfalls wichtig. Außerdem sollte jeder einige haltbare Lebensmittel da haben, die nicht gekocht werden müssen. Bei einem Stromausfall halten Gefrierfächer und Tiefkühltruhen noch über einen längeren Zeitraum die Lebensmittel frisch (laut Herstellerangaben zwischen 24 bis 50 Stunden). Der Regionalverband Ruhr hat in seiner aktuellen Kampagne #besserbereit noch weitere Tipps zusammengestellt. Auch Bargeld sollten wir immer parat haben, da bei einem Stromausfall auch Bankautomaten nicht mehr funktionieren.

Essen ohne Strom und ohne Wasser - Was passiert dann?

In Essen werden bei einem Blackout die Anlagen für die Trinkwasseraufbereitungen mit Notstrom versorgt. Das geht aber nicht sofort. Deshalb gibt es wahrscheinlich eine Pause von bis zu 24 Stunden bei der Wasserversorgung. Die Trinkwasseraufbereitungsanlage in Überruhr wird dann über Notstrom versorgt, aber es gibt auch mehrere andere Stationen in Essen, über die Wasser ins Netz gepumpt wird. Diese müssen ebenfalls laufen, damit das gesamte Netz funktioniert. Das dauert einige Stunden. Danach muss das gesamte System erst wieder richtig anlaufen, damit auch Wasser aus den Wasserhähnen zuhause kommt.

In Essen gibt es 81 Trinkwasserbrunnen, sie sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Die Standorte sind an nicht öffentlichen Orten. Aus diesen Brunnen kann im Notfall Wasser gepumpt werden. Der Grundwasserspiegel in Essen ist hoch genug und es gibt auch genug Grundwasser. Das Wasser ist zwar nicht so aufbereitet wie das Trinkwasser, das aus der Anlage in Überruhr kommt, aber es ist trinkbar, sagt die Stadt Essen auf Nachfrage von Radio Essen. Diese Brunnen gehören dem Bund und werden von den Stadtwerken Essen regelmäßig kontrolliert und gewartet. Außerdem gibt es noch weitere private Brunnen. Die meisten werden von den Eigentümern für die Bewässerung ihrer Gärten genutzt, nur ein sehr geringer Anteil versorgt sich damit selbst mit Trinkwasser.

Blackout in Essen: Wie läuft dann die Kommunikation?

In Essen sind heutzutage viele Menschen daran gewöhnt, über ihre Smartphones zu kommunizieren. Meist noch nicht einmal mehr im direkten Gespräch sondern über Apps und schriftlich. Das Internet funktioniert aber bei einem Stromausfall auch nicht mehr, das Handynetz sehr wahrscheinlich nur mit einer Grundversorgung. Wie reden wir dann miteinander? Worüber läuft die Kommunikation? Da ist zum einen die Nachbarschaftshilfe gefragt und die direkte Kommunikation ohne Geräte. Einige Unternehmen haben dafür schon Krisenpläne und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen sich zu einen verabredeten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Das ist in den Unternehmen so kommuniziert.

Die Mobilfunkanbieter wie Vodafone und Telekom wollen aber eben eine Grundversorgung sicherstellen im Notfall. Das bedeutet, dass es dort einen genau festgelegten Plan gibt, welche Basisstationen weiter mit Strom versorgt werden und damit das Mobilfunknetz aufrechterhalten. Zum einen gibt es an den Standorten Batterien, die zuerst die Sendemasten mit Strom versorgen. Dauert der Stromausfall wie bei einem Blackout länger, werden einige Standorte auch an Notstromaggregate angeschlossen. Das gilt nicht für alle Mobilfunkstationen in Essen, aber zumindest so viele bleiben am Netz, dass eine Grundversorgung sicher gestellt ist, erklärt der Mobilfunkanbieter Vodafone. Auch die Telekom arbeitet dann mit mobilen Netzersatzanlagen, die schon jetzt bei Stromausfällen immer wieder eingesetzt werden.

Blackout und Stromausfälle: Was passiert in Essen in den Krankenhäusern?

Das Uniklinikum Essen bereitet sich seit Monaten auf den Ernstfall vor. Schon immer gibt es an der Klinik Notfallpläne und Vorsorge für einen Stromausfall. Das ist gesetzlich vorgeschrieben für Krankenhäuser. Die Uniklinik hat seit August die Pläne aber noch einmal für einen möglichen Blackout überarbeitet. Dabei geht es vor allem darum, wie das Personal in die Klinik kommt, wenn Busse und Bahnen nicht mehr fahren.

Die Klinik selbst hat mehrere Möglichkeiten für die Notstromversorgung. Es gibt Batteriesysteme, die über das gesamte Gelände verteilt sind und mehrere große Notstromaggregate, die mit Heizöl laufen und die Klinik bis zu 72 Stunden mit Strom versorgen können. Bei einem Stromausfall werden zunächst schnellstmöglich alle Patientinnen und Patienten nach Hause geschickt, die nur leichte Erkrankungen haben oder auf eine OP warten, die nicht lebensnotwendig ist. Nur noch die Hälfte der Lampen ist an, aber in den OP-Sälen kann weiter operiert werden. Die Uniklinik hat 19 Notstromaggregate mit denen die wichtigsten Bereiche versorgt werden. Eine wichtige Frage für den Krisenstab der Klinik ist, wie lange die anderen Krankenhäuser durchhalten und ab wann die Uniklinik weitere Patienten aufnehmen muss.

Die Geschäftsführer der Krankenhäuser in der Stadt tauschen sich regelmäßig über die Szenarien und Notfallpläne aus. Der Krankenhausverband versichert auf Radio Essen-Nachfrage, dass die Versorgung auch bei einem Blackout weiter gewährleistet ist, geht aber nicht auf weitere Einzelheiten ein. Die einzelnen Kliniken berufen sich auf die Aussage des Krankenhausverbandes.

Und wie funktionieren Alten- und Pflegeheime in Essen bei einem Blackout?

Die Altenheime bei der AWO, der GSE und beim Diakoniewerk in Essen haben ihre Notfallpläne überarbeitet und sammeln weiter Ideen, wie sie ihre Bewohnerinnen und Bewohner bei einem längeren Stromausfall versorgen können. Alle angefragten Träger (GSE, AWO, Diakoniewerk) haben inzwischen größere Trinkwasservorräte angelegt. Auch haltbare Lebensmittel sind vorhanden. Außerdem haben die Köchinnen und Köche in den Heimen Konzepte erstellt, wie sie im Notfall auch ohne Strom und Gas Speisen warm machen können. Viele greifen dann auf den Grill zurück.

Um die Bewohnerinnen und Bewohner versorgen zu können, haben die Heime Stirnlampen und ausreichend Batterien dafür angeschafft, damit die Pflegerinnen und Pfleger beide Hände frei haben. Warme Decken und warme Kleidung gehört ebenfalls dazu. In den Heimen werden dann meist einzelne Räume beheizt, in denen die Bewohner zusammen kommen. Aber auch Notstromaggregate für gewisse Bereiche stehen z.B. bei der GSE im Alfried-Krupp-Heim und im Hospital zum Heiligen Geist bereit. Die AWO will für den nächsten Winter eine elektronische Heizungsanlage anschaffen, die mit einem Notstromaggregat funktioniert. Martin Gierse vom Diakoniewerk Essen erklärt Im Interview mit Radio Essen-Moderatorin Anna Bartl, wie in einem solchen Fall die Absprachen im Leitungsteam laufen und wie die Notfallpläne funktionieren.

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Ohne Strom in Essen: Wo gibt es Lebensmittel und andere Versorgung?

Die Lebensmittelketten REWE, EDEKA und Lidl hat Radio Essen um eine Stellungnahme zu ihren Notfallplänen gebeten. Die Unternehmen antworten alle ähnlich und verweisen auf ihre Zusammenarbeit mit den Kommunen, dem Land und dem Bund. Es gäbe Notfallszenarien, die aber nicht kommuniziert werden.

Aldi Nord will vor allem mit Energiesparmaßnahmen einem Blackout vorbeugen und weist darauf hin, dass die Außen- und Werbebeleuchtung und die Heiztemperatur in den Geschäften angepasst wurde. Außerdem verzichtet das Unternehmen auf einige Beleuchtung in den Backbereichen und Regalflächen. Seit Oktober stattet Aldi die Kühlwandregale mit Türen aus, um so ebenfalls Strom zu sparen. Weitere Informationen gibt es auch hier nicht.

Die Sparkasse Essen verweist auf vorliegende Notfallpläne und hat in die technische Infrastruktur unter anderem in Notstromaggregate investiert. Auch die Sparkasse gehört zu den Unternehmen, die eng mit der Stadt zusammenarbeiten, wenn es zu einem Blackout kommen sollte.

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