Radio Essen sucht das Glück: Macht uns Geld glücklich?

Dirk aus Essen und seine Teddys - So glücklich kann Glücksspiel machen

Schwitzige Finger und kribbeln im Bauch - so fühlt sich Dirk, wenn er kurz davor ist, einen Teddybären aus einem Greifautomaten zu fischen. Es klingt ein bisschen skurril, aber Dirk aus Altenessen ist süchtig nach den Greifautomaten auf der Kirmes. Auch das ist eine Facette von Glücksspiel. Erst vor Kurzem hat Dirk auf der Gruga Kirmes ein paar Teddys mit nach Hause genommen. Für seine Teddys greift er auch immer wieder tief in die Tasche und wirft eine Münze nach der nächsten in den Automaten. "Die Teddys rufen mich mit ihren Augen", sagt er. Das Glücksgefühl kostet ihn nicht nur Geld, sondern auch Wohnraum: Er wohnt auf 80 Quadratmeter, seine Wohnung und sein Keller sind voll mit den Teddys. Aufhören will er nicht - es macht einfach zu viel Spaß, sagt er. Dirk macht also nicht direkt das Geld glücklich, aber die Teddybären, die er sich davon kaufen kann.

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Lotto in Essen: Der Klassiker beim Thema Glücksspiel

Nach wie vor ein Klassiker: Lotto spielen. Hier bei uns im Pott "anne Bude" geht das zahlreich, zum Beispiel bei Mike Filzen und seinem Tabak Shop in der Lindenallee in der Innenstadt. Radio Essen-Glücksreporterin Antonia Weiß hat ihn in seinem Laden besucht. Seit über 35 Jahren ist Mike Filzen schon mit Westlotto "verbandelt". Den Laden in der Lindenallee gibt es aber schon 60 Jahre. Lotto wird in Essen nicht von einer bestimmten Gruppe gespielt, sondern von Menschen quer durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten. Stammkunden gebe es aber wirklich viele, große Gewinne gab es auch schon. Unzählig seien aber vor allem die Kleingewinne jede Woche. Einsätze bis zu 15 Euro pro Woche zählt Mike Filzen zur Kategorie "einen Traum kaufen".

Das schnelle Geld in Essen: Glücksspiel hat zwei Seiten

Radio Essen-Glücksreporterin im Gespräch mit Gerlinde Reif von der Suchthilfe direkt

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Wenn wir über Glück reden, liegt das Thema Glücksspiel nicht weit weg. Was als reiner Spaß anfängt, kann im schlimmsten Fall aber in einer Suchtspirale enden. Die vielen Facetten des Glücksspiels können zur Gefahr werden. Süchte in Essen haben zugenommen – auch das ist eine Folge der Corona-Pandemie, sagt Suchtberaterin Gerlinde Reif von der Suchthilfe direkt im Radio Essen-Interview. Darunter auch die Glücksspielsucht. Einen Zugang zum Glücksspiel bekommen viele schon im Jugendalter. Da lautet die Devise häufig „einfach mal ausprobieren“. Das Tückische: Eine Glücksspielsucht entwickelt sich langsam und schleichend, sagt Gerlinde Reif. Sie erfolgt meist in drei Stufen:

Stufe 1: Es macht einfach Spaß

• Gewinnen, fühlt sich gut an: Es wird mehr Geld eingesetzt.

Stufe 2: Hier wird es gefährlich

• Das Spielen kompensiert unangenehme Emotionen.
• Ein positiver Zustand soll erreicht werden.
• Die Gedanken drehen sich dauerhaft um das Spielen.
• Es wird immer häufiger und länger gespielt.
• Unruhe und Wut zeigen sich bei Verlusten/Niederlagen.

Stufe 3: Beginn einer Sucht

• Es wird heimlich gespielt und Geld geliehen.
• Spielen wird zum Zwang.
• Familie, Beruf und Freunde verlieren an Priorität.
• Ausreden werden erfunden, um Spielen zu gehen.
• Es entwickelt sich ein schlechtes Gewissen.
• Man kann nicht mehr aufhören.

Glücksspielsucht und die Gefahr des Existenzverlusts

Wenn immer mehr Geld verspielt wird, führt das meist auf die schiefe Bahn. Das kann sich im sogenannten „Chasing“-Phänomen zeigen. Betroffene versuchen das verlorene Geld wieder durch Glücksspiel reinzuholen oder denken, dass der Verlust nur eine Pechsträhne sei – ein ungesunder Kreislauf beginnt, weiß Katharina Fey von der Schuldnerberatung Essen. Spätestens dann liege eine pathologische Glücksspielsucht vor. Die Folgen können gravierend sein: Miete und Rechnungen können nicht mehr bezahlt werden – die Existenz gerät in Gefahr. Oft haben Betroffene aber auch Schulden bei Familie und Freunden, bei denen sie sich Geld leihen. Diese Beträge würden sich mit der Zeit "läppern", seien deshalb auch im Nachhinein nicht mehr gut nachvollziehbar. Es komme aber stark darauf an, wie früh das soziale Umfeld den "Geldhahn zudreht". Aber auch bei Banken lägen meist Schulden vor.

Der Weg aus der Sucht: Wie Ihr Euch in Essen Hilfe holen könnt

Egal welche Art von Sucht: Der Schritt heraus kostet Betroffene viel Mut und Überwindung. Das wissen auch Suchtberaterin Gerlinde Reif und Katharina Fey von der Schuldnerberatung in Essen. Meist ist es gleich ein ganzer Mix an Gefühlen, die bei Betroffenen aufkommen: Die Angst vor Ausgrenzung, Angst vor Bewertung, Angst davor, nicht verstanden zu werden, nicht ernstgenommen zu werden. Spielsüchtige verstehen sich oft selbst nicht mehr und haben große Scham- und Schuldgefühle. Das führe oft zu einer tiefen Verzweiflung, weiß Gerlinde Reif. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Hilfen es gibt, die aus der Suchtspirale heraushelfen.

Schritt 1: Sich jemandem mitteilen/eine Vertrauensperson suchen: Mit der psychischen Belastung nicht alleine bleiben.

Schritt 2: Kontaktaufnahme zur Suchthilfe oder anderen Beratungsstellen

Die Suchthilfe direkt in Essen bietet anonyme Beratungen an. Dabei wird als Erstes geklärt: Ist die Existenz gefährdet? Bestehen Schulden? Mittels einer Spielersperre, die im Glücksspielstaatsvertrag geregelt ist, kann eine erste Maßnahme gegen die Sucht ergriffen werden. Das dient dem Spielerschutz. Betroffene müssen bundesweit an allen (legalen) Glücksspielstandorten dann ihren Personalausweis vorzeigen. So bekommen Sie keinen erneuten Zugang zur Spielstätte. Außerdem gibt es bei der Suchtberatung Einzelgespräche und Beratungen, in denen gemeinsam und individuell überlegt wird, wie ein Spielstopp gelingen kann. Außerdem wird in ambulante und stationäre Rehabilitationsmöglichkeiten vermittelt. Es gibt aber auch eine Gruppenberatung, genannt: "Motivationsgruppe für Glücksspieler". Dort findet untereinander ein Austausch unter Betroffenen statt. Dies wird häufig als sehr entlastend erlebt.

"Ich freue mich natürlich für jeden mit, der Fortschritte macht, der in den Veränderungsprozess einsteigt oder bei uns ankommt. Wir wissen das sehr zu würdigen, wenn die Menschen zu uns kommen. Weil wir wissen, wie viele Gedanken vorher im Kopf gedreht wurden." (Gerlinde Reif, Suchtberaterin)

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Auch die Schuldnerberatung der AWO hilft Betroffenen gerne weiter, wenn die Existenz bedroht oder der Berg an Schulden hoch ist. Betroffene würden sich aber oft erst Hilfe suchen, wenn die Probleme bereits groß seien. Aber Katharina Fey betont im Radio Essen-Interview: Auch dann helfe das Team der Schuldnerberatung gerne weiter - Lösungen lassen sich finden.

Scham spiele bei Schulden immer eine große Rolle, weil Betroffene dabei das Gefühl hätten, zwar erwachsen zu sein - die Finanzen aber nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Wie viele Gespräche es gebe, sei individuell - genauso wie die Gespräche und Entschuldungsmethoden selbst. Zwischen der Suchthilfe und Schuldnerberatung gibt es dazu auch einen regelmäßigen Austausch, sagt Katharina Fey. Wenn Ihr Probleme mit einer Glücksspielsucht habt, wendet Euch an die Suchthilfe direkt. Für alle finanziellen Angelegenheiten, geht es hier zum Kontakt der Schuldnerhilfe.

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