Platt sprechen in Essen: Gruppe Komm-Omend erhält Dialekt am Leben

Plattdeutsch wird in Essen kaum noch gesprochen. Dabei war das bis vor einigen Jahrzehnten noch die Alltagssprache bei uns in der Stadt. Eine Gruppe aus Werden setzt sich für den Erhalt der Sprache ein - mit einem ganz besonderen Projekt.

© Radio Essen/Madlen Gerick

Waddisch lernen in Essen

Ruhrdeutsch - das ist bei uns in Essen Standard. Viele der Wörter und Ausdrucksweisen, die wir heute im Ruhrdeutsch nutzen, kommen aus dem Plattdeutschen. Das sprechen bei uns in der Stadt aber nur noch die wenigsten. Eine Gruppe in Werden möchte das Platt deswegen am Leben erhalten: Der Komm-Omend. Regelmäßig treffen sich die Mitglieder, um Waddisch, also das Werdener Platt zu lernen und zu sprechen.

"Man spricht manchmal unbewusst einige Wörter Waddisch-Platt und mischt das mit Hochdeutsch", sagt Bernhard Kahmann. Fließend Waddisch sprechen kann er aber nicht. Deswegen kommt er regelmäßig zum Komm-Omend. Hier kann er sich mit den anderen austauschen und die Wörter in Erinnerung rufen, die er in seiner Kindheit noch so oft gehört hat. Dabei kommt die Gruppe auch ins Erzählen darüber, wie das Leben in Werden früher war.

Platt-Deutsch war in Essen Standard

Organisator der Gruppe in Essen ist Marc Real. Der 24-Jährige begeistert sich sehr für Waddisch. Er studiert Germanistik und Geschichte und weiß: Plattdeutsch war früher in Essen Standard. Bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg wurde in allen Stadtteilen Platt gesprochen. Der Dialekt war und ist ein bisschen anders, je nach dem in welchem Stadtteil man ist. Der Norden ist eher westfälisch geprägt, der Süden eher rheinisch. Maurtis Heidutzek und Marc Real haben ein paar Beispiele.

© Radio Essen/Madlen Gerick

Erst nach dem zweiten Weltkrieg setze sich in Essen langsam Hochdeutsch als Umgangssprache durch. Hochdeutsch wurde nämlich in den Schulen zur Pflichtsprache - Platt war mehr und mehr verpönt als Sprache für Bildungsarme. Dazu kam Zuwanderung aus anderen Teilen Deutschlands und anderen Ländern. So ist das Platt im Ruhrgebiet immer mehr gewichen und zum heutigen Ruhrdeutsch geworden.

Einsatz für Erhalt von Platt in Essen

Aber warum überhaupt noch Waddisch lernen und sprechen, wenn der Dialekt schon fast ausgestorben ist? "Eine eigene Sprache ist etwas ganz tolles und verbindendes. Es drückt viel aus über die Menschen hier und ihren Alltag. Die Sprache kann etwas von der Besonderheit dieses Ortes präsentieren", sagt Marc Real. Der Komm-Omend plant deswegen auch ein ganz besonderes Projekt.

© Radio Essen/Madlen Gerick

Wer nicht mehr abwarten kann, bis es das Internetlexikon gibt, kann auch einfach zu den Treffen des Komm-Omend in Werden gehen.

Komm-Omend in Essen: Das sind die nächsten Termine

Die Gruppe in Essen kommt alle zwei Wochen zusammen, und zwar jeden zweiten und vierten Freitag im Monat um 17 Uhr. Treffpunkt ist das Zentrum 60+ in Werden. Alle, die Waddisch lernen und sprechen möchten sind eingeladen vorbeizuschauen - egal welches Alter. Das sind die nächsten Termine:

  • 8. Juli 
  • 22. Juli
  • 12. August 
  • 26. August 
  • 9. September 
  • 23. September

Radio Essen-Podcast "Essen im Ohr" über Ruhrdeutsch

Auch im Radio Essen-Podcast "Essen im Ohr" ging es in einer Folge über Essen, das Ruhrgebiet und seine Sprachphänomene: "In der Schule hieß es ,Guten Tag’. Zu Hause hat meine Mutter dann gesagt: 'Red mal richtich, et heisst guten Tach!'" Kalle Henrich hat ein Buch über das für uns typische Ruhrdeutsch geschrieben und war Lehrer im Essener Norden. Mit seinen Erfahrungen und Geschichten tritt er auch auf. In den Erlebnissen steckt allerhand drin: Lustige Geschichten aus dem Schulalltag, viele, was Ihr über das Ruhrdeutsch sicher noch nicht wusstet und warum eine Einwanderungsgeschichte kein Hindernis für gute Noten sein muss. Und nicht zuletzt verrät Kalle Henrich, warum viele zu Unrecht über den Ruhrpott und seine Sprache lachen. Die ganze Folge hört Ihr hier.

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