Künstliche Intelligenz in Essen: So arbeiten Medizin, Technik, Energie und Schulen mit KI

Das Thema Künstliche Intelligenz rückt immer mehr in den Fokus. Auch in Essen werden schon seit längerem verschiedene KI-Systeme genutzt. Aber hält KI den Anforderungen in Essen stand oder übertrifft sie diese sogar? Wir haben mit Essener Unternehmen und Institutionen gesprochen und selbst kleine Experimente durchgeführt.

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So arbeitet die Uniklinik in Essen mit Künstlicher Intelligenz

Seit gut einem Jahr erfährt das Thema Künstliche Intelligenz immer mehr Aufmerksamkeit, zuletzt angefeuert durch ChatGPT. An der Uniklinik in Essen wird aber schon deutlich länger mit Künstlicher Intelligenz experimentiert, geforscht und gearbeitet. Mittlerweile können KI-Systeme bei Untersuchungen wie einem MRT oder Röntgen helfen. Die KI misst dabei eigenständig bestimmte Bereiche des Bildes, das entsteht. Außerdem gibt es KI-gesteuerte Sprachmodelle, die die internationale Kommunikation zwischen Ärzten durch 1:1-Übersetzung vereinfachen. Sie unterstützt auch bei der Verfassung von Arztbriefen und sammelt bzw. sortiert automatisch alle nötigen Informationen zu Patientinnen und Patienten. Aber bislang sind nicht alle Anwendungen für Medizinprodukte zugelassen. Das hat uns Felix Nensa verraten. Er ist Radiologe und IT-Spezialist am Universitätsklinikum in Holsterhausen. Dort wird zum Beispiel ein KI-System verwendet, das Knochenbrüche erkennt und auch bereits zugelassen ist. Das spart Unfallchirurgen viel Zeit, weil sie nicht mehr Hunderte Röntgenbilder manuell vergleichen müssen.

KI-Systeme in der Medizin sollen in Essen kein Ersatz sein

Die Systeme, die KI-gesteuert laufen, sollen aber keinen Ersatz zur klassischen Medizin sein, sagt Felix Nensa. Vielmehr ein Werkzeug, das in Zukunft viele zeitraubende Dokumentationen und Routineaufgaben übernehmen soll. So bleibt mehr Zeit für den persönlichen Kontakt, der jetzt häufig mit einem Monitor zwischen Arzt/Ärztin und Patienten stattfindet und von viel Tippen auf der Tastatur begleitet wird.

Auch im Praxisumfeld in Essen soll ChatGPT manchen Ärzten helfen, sich bei komplizierten Fällen von der hohen Datenmenge beraten zu lassen. So können zum Beispiel noch weitere Diagnosen gestellt werden. Das medizinische Wissen ist heutzutage so umfangreich, das kann ein einziger Mensch nicht alles im Kopf haben. Wichtig zu wissen ist, dass keine persönlichen Daten dort eingetragen und die Diagnosen auch nicht einfach unkritisch übernommen werden.

© Radio Essen

Künstliche Intelligenz in Essen unterstützt die Infrastruktur

Auch der Ruhrverband in Essen nutzt KI, um Datenmengen zu erfassen und zu analysieren. Zum Beispiel kann KI fehlerhafte Messungen erkennen und dadurch die Qualität der Daten verbessern. Eine der Anwendungen, die momentan noch in der Testphase ist, kann bei der Überwachung der Staumauern helfen. Denn so eine Staumauer verformt sich nach einer gewissen Zeit, das passiert durch Wasserdruck und Temperaturschwankungen. Das soll aber in Zukunft ein Satellit beobachten. Die Daten werden dann von einer KI überwacht und ausgewertet.

Außerdem nutzt der Ruhrverband ein Tool mit dem Namen KAbit. Das soll die Klimabilanz der Kläranlagen ermitteln. Die Messungen sollen dann helfen, den Ressourcenverbrauch einzusparen und auch Emissionen zu reduzieren, unter anderem von Lachgas. Das entsteht und entweicht in die Luft bei der biologischen Reinigung des Abwassers. Zwar ist das oft nur ein kleiner Anteil, aber Lachgas ist ein Treibhausgas und dreihundertmal so schädlich für das Klima wie Kohlendioxid.

In Essen wird Künstliche Intelligenz vom TÜV geprüft

Auch beim TÜV in Essen ist schon länger KI zu finden. Der TÜV prüft neben Autos auch Systeme, die auf Künstlicher Intelligenz basieren. Denn wenn es um KI geht, wird auch besonders über ihre Zuverlässigkeit und Sicherheit diskutiert. In vielen Autos ist mittlerweile schon KI verbaut — zum Beispiel in Autos, die eigenständig fahren können. Wie verlässlich diese Technik läuft, muss aber noch kontrolliert werden. Die TÜV Informationstechnik GmbH (TÜVIT) prüft zum Beispiel, wie gut KI in den autonomen Autos Verkehrsschilder erkennen kann. Außerdem prüfen sie sogenannte Smart Cards von anderen Unternehmen auf Sicherheitslücken. Mit diesen Smart Cards können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen authentifizieren. TÜV Nord verwendet aber auch selbst KI-Anwendungen: Die Prüferinnen und Prüfer an den TÜV-Standorten haben ein Headset auf, während sie ein Auto überprüfen. Die Informationen, die sie früher schriftlich dokumentiert haben, können sie dank eines Spracherkennungssystems nun einsprechen. Damit wird Zeit und Aufwand gespart.

--> Wie KI beim TÜV Essen genau geprüft wird und wie damit die Schlaglöcher in der Stadt bekämpft werden, lest Ihr hier.

Künstliche Intelligenz in Energieunternehmen

In Essen hat Künstliche Intelligenz in den letzten Monaten viele Arbeitsbereiche revolutioniert und wird es auch weiterhin tun. Dazu haben wir das Essener Unternehmen Unigy gefragt. Das Energie-Unternehmen im Essener Stadtkern kümmert sich um die Energieversorgung mit erneuerbaren Energien und hält viel davon, KI-Systeme im Arbeitsalltag zu verwenden. Sie ermitteln zum Beispiel mithilfe von KI aktuelle Preistrends an der Energiebörse. Die Trends ergeben sich aus verschiedenen Faktoren: Dazu zählen Wetter (Windaufkommen), Produktion und Kraftwerkskapazitäten. Die KI kann aus den Daten relativ kontinuierlich ermitteln, ob die Preise steigen oder sinken. So kann Unigy die eigene Handelsposition aus den Ergebnissen ermitteln, sagt Gründerin Hind Seiferth. KI ist für sie eine echte Arbeitserleichterung, vor allem für Aufgaben, die ein Mensch so präzise und schnell gar nicht erfüllen könnte. Aber kann Künstliche Intelligenz in Zukunft Arbeitsplätze ersetzen? Das sieht Hind Seiferth ebenfalls gelassen: KI könne sogar neue Jobs schaffen. Darunter würden viele IT-Berufe fallen.

Wie kreativ bleibt Essen trotz Künstlicher Intelligenz?

Auch im künstlerischen Bereich wird viel über KI diskutiert. Das Essener Design- und Kommunikationsunternehmen marcellini experimentiert mit Künstlicher Intelligenz. Alexander Paul ist dort Kreativ Direktor und erklärt, dass man mit KI auch Bilder erschaffen kann. Mithilfe eines Textfelds kann man der KI Anweisungen geben. Laut Alexander Paul unterscheidet sich das, was man eingibt aber erheblich von dem, was hinterher herauskommt. Kreativ sollte man aber trotzdem bleiben. Denn erstmal muss die KI mit Befehlen gefüttert werden. Und auch das Ergebnis der KI kann nicht so bleiben - es dient eher als Inspiration. Die finale Umsetzung macht dann wieder der Mensch. Die KI lernt aber durch die kreativen menschlichen Ideen immer mehr dazu, sodass irgendwann ein ganzer Ideenpool entsteht. Damit bleibt das Kunstwerk am Ende eine Mischung aus Mensch und Technik.

Außerdem haben wir mit der Designfirma Humain Studio gesprochen. Das Unternehmen kommt ursprünglich aus Essen und sitzt mittlerweile in Berlin. Es gibt aber noch viele Aufträge aus dem Ruhrgebiet. Unter anderem haben sie letztes Jahr für die KI Biennale (Veranstaltung für Kunst und KI) in Essen ein Logo mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt. Die Gründer des Unternehmens sind Jan Petry und Charlotte Ernst. Sie trainieren unter anderem KI-Systeme durch eigenes Bildmaterial und lassen dieses dann neu interpretieren. Jan Petry sieht KI eher als Werkzeug und nicht als Einschränkung der Kreativität. Jedoch sieht er die Verwendung bilderzeugender KI-Systeme kritisch, wenn sie aus kommerziellem Bildmaterial besteht und somit auch gegebenenfalls Urheberrechte verletzt.

Künstliche Intelligenz im Alltag der Uni Essen

Künstliche Intelligenz in Essen hat aber nicht nur den Arbeitsmarkt verändert, sondern auch das Bildungswesen. Seit 2022 wurde nämlich das KI-basierte Sprachmodell ChatGPT für jeden zugänglich gemacht. Seit der Veröffentlichung haben bereits viele ihre eigenen Erfahrungen mit dem Chat Bot gemacht, darunter auch Studierende. Die KI ist nämlich dazu fähig, ganze Texte zu verfassen. Die Ergebnisse von ChatGPT sind aber noch lange nicht fehlerfrei. Julia Schwanholz ist Akademische Rätin am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Essen und schildert ihre Erfahrungen mit ChatGPT an der Uni. Im Radio Essen-Interview erklärt sie, dass die Qualität der Ergebnisse oft durch sogenannte Datenhalluzinationen beeinträchtigt werden. Das bedeutet, dass sich die KI zum Beispiel aus falschen oder nicht existierenden Quellen bedient. Ohne wertige Quellen stellt sich auch die Frage, inwieweit ChatGPT das Urheberrecht bedenkt. Zudem warnt sie davor, keine persönlichen oder sensiblen Daten in die KI einzugeben, da diese weiter verwendet werden könnten.

Fehlerloses Arbeiten mit ChatGPT ist also nicht so einfach möglich. Dabei ist es auch besonders wichtig zu wissen, wie man ChatGPT einsetzen kann. Julia Schwanholz erklärt, dass das Programm aktuell auch bei manchen Ausarbeitungen für die Uni helfen könnte. Man müsse nur kritisch und reif mit dem System umgehen. Unterstützen könne die KI zum Beispiel bei der Themensuche oder für einen ersten Überblick einer Arbeit. Aber bis jetzt seien die meisten Studierenden noch unsicher, wie und ob sie überhaupt ChatGPT nutzen sollen. Auch die Universitäten müssen sich überlegen, wie sie mit den Veränderungen, die KI mit sich bringt, umgehen wollen.

Schule in Essen sieht Künstliche Intelligenz kritisch

Diese Herausforderung ist auch Thema an den Schulen, auch in Essen. Erster Gedanke ist da oft: Die Hausaufgaben werden jetzt nur noch von ChatGPT geschrieben. Aber KI und Schule geht auch anders. Die Goetheschule in Essen-Bredeney hat das zum Beispiel gezeigt: Einige Schülerinnen und Schüler haben ein Schulprojekt zum Thema soziale Ungerechtigkeit und KI vorgestellt. Dabei haben sie verschiedene Suchanfragen in eine KI eingegeben, die Bilder erzeugt. Ihnen ist dabei aufgefallen, dass viele Ergebnisse sehr stereotypisch sind. Das liegt wohl daran, dass sich die Künstliche Intelligenz alle Informationen aus dem Internet holt. Deshalb sind die Ergebnisse sozusagen ein Spiegel der Gesellschaft.

Um auf das Thema aufmerksam zu machen, haben die Schülerinnen und Schüler auf dem BNE-Festival an der Volkshochschule am Burgplatz die Besucherinnen und Besucher die passenden Suchanfragen zu den Bildern raten lassen. So sollten viele Vorurteile und Stereotypen aufgezeigt werden. Wenn die eigentliche Eigenschaft für ChatGPT "zeige Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten" war, hat die KI zum Beispiel nur Männer in Anzügen gezeigt. Das sollte die Besucherinnen und Besucher anregen, ihre eigenen Ansichten noch mal zu hinterfragen.

KI-Experiment bei Radio Essen

Auch die Redaktion experimentiert mit Programmen wie ChatGPT. Klar, wir arbeiten viel mit Texten, also kann da ein Textprogramm mit künstlicher Intelligenz hilfreich sein. Unser Experiment: Mache einige Essener Stadtteile zu Personen und lasse sie sich beim Kaffeekränzchen unterhalten. Dazu haben wir ein paar Eigenschaften, Klischees und Wahrheiten über unsere Stadtteile eingegeben und raus kamen, diese netten, kleinen Unterhaltungen.

© Radio Essen
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