Essen von geplanter Corona-Notbremse direkt betroffen - Ausgangssperren drohen

Der Bundestag hat schon zugestimmt, heute (22. April) geht das neue Infektionsschutzgesetz in den Bundesrat. Es geht um eine deutschlandweite Corona-Notbremse und Ausgangssperren - auch für uns in Essen.

Essen: Deutschlandweite Notbremse geplant - das steht drin

Bei den Corona-Regeln gleicht Deutschland weiter einem Flickenteppich. Manche Bundesländer legen die Regeln streng aus, andere lassen Ausnahmen zu. Das soll sich mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes ändern. Es sieht vor, dass es in Städten und Landkreisen bei einer Inzidenz von über 100 an drei aufeinander folgenden Tagen überall einheitliche Regeln gibt. Für diese Regeln ist dann der Bund zuständig, für die Regelungen bei einer Inzidenz von unter 100 bleiben es die Länder. Größter Streitpunkt im Gesetz ist die geplante Ausgangssperre. Einige Experten und Expertinnen glauben, dass dadurch die Zahl der Kontakte und damit der Ansteckungen eingeschränkt werden kann. Andere sehen in der Ausgangssperre vor allem ein Signal an alle, dass die Lage ernst ist. Wieder andere glauben nicht, dass die Ausgangssperre wirklich hilft und sehen darin unverhältnismäßige Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Die FDP hat schon angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen die Ausgangssperre einzureichen, wenn sie kommt.

Deutschlandweite Notbremse - das erwartet Essen

Die bundesweite Notbremse sieht im Wesentlichen folgende Regelungen vor:

  • ab einer Inzidenz über 100: Im öffentlichen und privaten Raum dürfen sich die Angehörigen eines Haushalts noch mit maximal einer anderen Person aus einem anderem Haushalt treffen (ausgenommen Kinder bis 14 Jahre)
  • ab einer Inzidenz über 100: Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr, bis 24 Uhr sind allein Spazieren gehen und Joggen erlaubt
  • ab einer Inzidenz über 100: Pflicht für Arbeitgeber Home-Office anzubieten
  • ab einer Inzidenz über 100: Pflicht für Arbeitgeber zwei Corona-Tests pro Woche zur Verfügung zu stellen
  • ab einer Inzidenz über 100: Sport in Gruppen für maximal 5 Kinder im Freien möglich
  • ab einer Inzidenz über 150: Click and Meet (also Einkaufen mit negativem Corona-Test) muss eingestellt werden
  • ab einer Inzidenz über 165: Die Schulen müssen wieder auf Distanzunterricht umstellen, Ausnahme: Abschlussklassen

Essen wäre von diesen Maßnahmen direkt betroffen. Die Inzidenz liegt schon lange durchgehend über 100, auch die Grenze von 150 ist in den letzten Tagen immer näher gerückt. Theoretisch könnten die Regeln, wenn der Bundesrat heute zustimmt, schon ab Samstag greifen. Die Stadt hat aber angekündigt, dass sie erst auf den Gesetzestext warten will und die neuen Regeln wohl erst Anfang nächster Woche in Kraft treten würden.

Das sagen Politiker aus Essen zum Gesetz

Fünf Essener Politiker durften im Bundestag mit über das Gesetz abstimmen. Die drei Vertreter der Regierungsparteien CDU und SPD haben nach eigener Aussage mit Ja gestimm. Nur mit klaren Regeln kann man Corona bekämpfen, meint SPD-Mann Dirk Heidenblut aus Holsterhausen. "Wenn diese aber selbst bei bereits massivem bundesweiten Infektionsgeschehen völlig uneinheitlich sind, verpufft die Wirkung und zudem sinkt die Akzeptanz." Seine Begeisterung für Ausgangssperren hält sich in Grenzen. Aber: Als Teil der Maßnahmen, sind "sie eine wirksame Unterstützung", sagt er. Auch sein Parteifreund Arno Klare aus dem Essener Nordwesten will die Gesetzesänderung nicht auf die Ausgangsbeschränkungen reduzieren. Ihm ist wichtig, dass Firmen nun verpflichtet werden Home-Office und zwei Corona-Tests pro Woche anzubieten. Klare will vor allem, dass es jetzt schnell geht: "Je härter die Maßnahmen sind, desto schneller wirken sie. Im Umkehrschluss: Je halbherziger sie sind, desto länger dauert der Lockdown", meint er. Seine Forderung: "Wir müssen jetzt handeln".

CDU und Grüne aus Essen wollten Notbremse per Gesetz

Die Frage der Ausgangssperren hat auch CDU-Mann Matthias Hauer aus Kettwig umgetrieben. "Bei der ursprünglichen Fassung [...] hatte ich verfassungsrechtliche Bedenken und hätte dieser Fassung daher nicht zugestimmt", sagt er. Mit der jüngsten Entschärfung der Ausgangssperren ist er aber zufrieden. Für Hauer ist vor allem wichtig, dass mit dem Gesetz Menschenleben gerettet und eine Überastung des Gesundheitssystems verhindert werden sollen. Der Essener Bundestagsabgeordnete Kai Gehring von den Grünen findet, dass das Gesetz nicht weit genug geht. „Die Änderungen reichen nicht aus, um die dritte Pandemie-Welle nachhaltig zu brechen“, heißt es auf Radio Essen-Anfrage. Gehring hat sich deshalb bei der Abstimmung im Bundestag enthalten.

AfD-Politiker aus Essen kritisiert Gesetz

Stefan Keuter aus Werden sitzt für die AfD im Bundestag und hat ausdrücklich mit "Nein" gestimmt. Die geplante Notbremse hat aus seiner Sicht "keinen wesentlichen Einfluss auf das Infektionsgeschehen". Von abendlichen Spaziergängen, Einkaufen und Museumsbesuchen geht für ihn keine Gefahr aus. Stattdessen fordert er, dass größere private Familientreffen strenger kontrolliert werden. Die Notbremse ist für ihn "extrem schädlich".

Alle Nachrichten rund um das Coronavirus in Essen gibt es hier.

Weitere Meldungen

skyline