Besondere Fotos von Essen: Schaut durch Zeitfenster 100 Jahre zurück
Veröffentlicht: Montag, 06.10.2025 15:55
In Essen könnt Ihr jetzt eine Zeitreise machen und durch Zeitfenster 100 Jahre in die Vergangenheit schauen. Eine ganz besondere Foto-Technik macht es möglich.

Essen vor 100 Jahren - Foto-Rundgang in Werden
Einen so klaren Blick auf die Vergangenheit von Essen gibt es selten - in ganz Deutschland. Reale Fotos aus dem Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts so scharf und groß darstellen zu können, ist kaum möglich. Doch hier ist es gelungen, durch eine aufwendige, aber besondere Foto-Technik. Die hat der Essener Albert Mittweg damals gemacht. Er war der Mitgründer der Werdener Freiwilligen Feuerwehr und hat viele Szenen aus seiner Heimat auf Glasfotografie festgehalten. 292 Aufnahmen zeigen das Leben der Menschen in Werden vor ca. 100 Jahren. Damals sah Werden noch ganz anders aus - sehr viel industrieller. Viele Tuchfabriken haben gearbeitet und große Schornsteine rauchten den ganzen Tag. Am Ruhrufer gab es die Bleiche, wo die Tuche, das Rohmaterial für die Tücher, ausgelegt wurden. Die Werdener Abtei war damals noch eine Strafanstalt mit großen Wachtürmen und am Ruhrufer gab es sogar eine mobile Fluss-Badeanstalt, wo viele Kinder ihre Sommer verbrachten, bis eine Flutwelle nach der Sprengung der Möhnetalsperre in den 40er-Jahren die Badeanstalt zerstörte.
All diese Geschichten kennt Stadthistoriker Norbert Fabisch vom Geschichts- und Kulturverein Werden und hat ein Dreivierteljahr den historischen Rundgang in die Tat umgesetzt. Dazu gehörte die Auswahl der spannenden Bilder aus der Sammlung mit fast 300 Fotos. Zusammen mit dem Werdener Fotograf Niklas Hlawatsch wurden die Fotografien dann aufwendig digitalisiert und mit der Bochumer Firma Niggemeyer auf die XXL-Größe gedruckt. Am Ende hängen rund 24 Fotos im Stadtteil-Kern von Essen-Werden an Häuserwänden verteilt. Meist passen sie zur Umgebung und zeigen, wie es früher an der Stelle aussah oder sie zeigen eine Versammlung und Geschichte, die sich in der Nähe zugetragen hat. So zum Beispiel an der Ecke Hufergasse/Joseph-Breuer-Straße, wo zur Zeit des ersten Weltkriegs Bier an den Bürgermeister von Werden mit Ochsen ausgeliefert werden musste. Pferde wurden damals nämlich auch für den Militärdienst eingezogen. Diese Geschichten und mehr erzählt Norbert Fabisch im Interview mit Radio Essen-Moderatorin Larissa Schmitz.
Zeitfenster in Essen mit besonderer Glas-Fototechnik
Warum können die Fotos von vor 100 Jahren so gut digitalisiert und großgezogen werden? Das gelingt aufgrund der Fotografie auf Glasnegative. Dazu brauchte es damals eine sehr große Kamera. Zu der Zeit war das quasi ein quadratisches Holzgestell mit einer Art Ziehharmonika-Schlauch dran. Über seinen Kopf legte man dann ein schwarzes Tuch und schoss das Foto. In diese Kamera hat Fotograf Albert Mittweg dann aber Glasplatten gelegt, die so groß waren wie eine Tafel Schokolade. Sie waren schon mit einer besonderen Emulsion beschichtet, wodurch eine sofortige Bildentwicklung zu dieser Qualität führte. Diese Sammlung an Fotos hatte Mittwegs Sohn, Karl, in den Räumen der Freiwilligen Feuerwehr eingelagert. Nach seinem Tod im Jahr 2022 wären sie beinahe in Vergessenheit geraten. Jetzt können sie an den Häuserwänden von Werden aber doch noch gesehen werden. Im Interview mit Radio Essen-Moderatorin Larissa Schmitz erklärt Stadthistoriker Norbert Fabisch das Verfahren und mehr dazu, welche Rolle diese historischen Zeitfenster für den Stadtteil spielen.
Zeitfenster in Essen - Rundgang durch Werden
Ab dem 12. Oktober wird der Rundgang komplett sein und offiziell eröffnet. Dann führen Euch die Bilder zum Beispiel am Gymnasium Werden vorbei, zum Stadtbad, zur Hugergasse und der Alten Post und durch noch mehr Straßen. Außerdem gibt es eine begleitende Broschüre, die die einzelnen Geschichten und Hintergründe zu den Fotos erklärt. Die könnt Ihr für fünf Euro in einigen Läden in Werden bekommen, unter anderem in der Buchhandlung Schmitz und in einigen Apotheken.