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Organspende: So denkt Essen über die Widerspruchslösung
© Radio Essen/Kristin Mockenhaupt
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Organspende: So denkt Essen über die Widerspruchslösung

Der Bundestag hat heute über eine neue Gesetzesregelung zur Organspende in Deutschland entschieden. In Zukunft sollen unter anderem Bürgerämter über Organspenden informieren, wenn man dort zum Beispiel seinen Pass abholt. Wir haben mit Essener Institutionen zum Thema gesprochen.

Veröffentlicht: Freitag, 17.01.2020 04:57

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Organspende: Bundestag hat entschieden

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In Deutschland wird man nicht automatisch zum Organspender: Das hat der Bundestag entschieden. Die Idee von Gesundheitsminister Jens Spahn war recht einfach: In Deutschland sollte jeder Organspender werden, der 16 Jahre alt ist und nicht explizit widersprochen hat. Allerdings stimmten 379 Abgeordnete dagegen, 292 dafür. Stattdessen hat der Bundestag sich für die sogenannte "Erweiterte Zustimmungsregelung" entschieden. In Zukunft sollen zum Beispiel Bürgerämter über Organspenden informieren, unter anderem wenn man seinen Pass dort abholt. Außerdem soll es ein Online-Register geben, in dem man sich jederzeit für oder gegen die Möglichkeit als Organspender entscheiden kann. 432 Abgeordnete stimmten für diesen Vorschlag, den Grünen-Chefin Annalena Baerbock formulierte. 200 Politiker stimmten dagegen.

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Wie findet Ihr die Entscheidung für die erweiterte Zustimmungslösung?

Das ist die sogenannte "Erweiterte Zustimmungslösung": In Zukunft sollen Bürgerämter zur Organspende informieren, z.B. wenn man dort seinen Pass abholt. In einem Online-Register soll jeder dann jederzeit zustimmen oder ablehnen können, ob er Organspender sein möchte.

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Stadt Essen: "Wir sind Vorreiter bei der Organspende"

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Nach der Abstimmung des Bundestags zur Organspende ist die Stadt Essen optimistisch, auch wenn durch die Lösung wohl mehr Arbeit auf die Kommunen zukommt. "Wir sind jetzt schon Vorreiter im Thema Organspende", sagt die Stadt auf Radio Essen-Nachfrage. Sie glaubt, dass sie das geplante Gesetz relativ einfach umsetzen kann. Allerdings kommt es auch drauf an, wie das Gesetz formuliert wird, heißt es. Unklar ist zum Beispiel, was sie dokumentieren muss. Die Stadt hatte im März etwa in den Bürgerämtern Infoboxen zu Thema Organspende aufgestellt.

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Internationaler Vergleich: Wenig Organspender in Deutschland

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Bisher ist in Deutschland nur Organspender, wer einen Organspendeausweis besitzt und darin angibt, Organe spenden zu wollen. Wir haben hier für euch den Link zum Organspendeausweis. Alle weiteren Informationen und worauf ihr beim Ausfüllen achten müsst, erfahrt ihr hier. Experten sprechen aber von alarmierenden Zahlen: Im internationalen Vergleich ist Deutschland eines der Schlusslichter, was Organspende angeht. Zwar sind 84% der Bevölkerung für Organspende, einen Organspendeausweis haben aber gerade mal 36% der Menschen in Deutschland. Das sorgt für lange Wartelisten: Allein in Essen warten nach Angaben der Uniklinik in Essen-Holsterhausen derzeit rund 800 Menschen auf ein Spenderorgan.

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Reaktionen auf die Organ-Entscheidung: Das sagt Ihr!

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Am Tag der Entscheidung, 16. Januar, erreichen uns zahlreiche Meinungen und Diskussionsbeiträge zur Organspende. Marlies aus Essen-Margarethenhöhe meldet sich via WhatsApp bei uns. Sie bringt vor allem ein Argument gegen die Entscheidung des Bundestags an: Nachhaltigkeit. In Bürgerämtern, Arztpraxen oder bei Krankenkassen zahlreiche Informationsbroschüren auszulegen, sei unnötig und umweltschädlich. Außerdem sagt sie: "Unnötige Bürokratie". Es melden sich aber auch Befürworter zur "Erweiterten Informationslösung", unter anderem Mike aus Altenessen. Die Widerspruchslösung hatte er vor allem aus einem Grund abgelehnt: Die Sorge, der Widerspruch könne verschwinden.


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Radio Essen-Hörer MikeMike aus Altenessen reagiert auf Organ-Entscheidung
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Auch auf Facebook haben die Radio Essen-Hörer ihre Meinung geteilt. Wenn Ihr bei aktuellen Themen mitdiskutieren wollt, folgt uns gerne auf facebook.de/radioessen. Ihr gelangt zum Post, wenn ihr auf das kleine Facebook-Logo unten im Post klickt.

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Uniklinik in Essen: "Wir würden gerne mehr Menschen helfen können!"

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Die Ärzte in der Uniklinik in Essen haben der Entscheidung in Berlin heute mit Spannung entgegen geblickt. Sie transplantieren fast 200 Organe im Jahr, darunter vor allem Nieren, Lebern und Lungen. Als einer der wichtigsten und größten Transplantations-Standorte in Nordrhein-Westefalen will die Uniklinik mehr Menschen von der Warteliste ein Spenderorgan transplantieren. Einziger Wunsch: "Wir würden gerne mehr Menschen helfen können!" Jede vierte Niere und Leber in NRW wird in der Uniklinik transplantiert. Bei Lungen sind es sogar zwei Drittel. Die Uniklinik in Essen verfügt über bestimmte technische Geräte, die Spenderorgane länger funktionsfähig halten, als Geräte in anderen Krankenhäusern können.

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Essener wartet auf Spenderorgan: "Ich bin nicht enttäuscht!"

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André aus Essen-Schonnbeck ist Nierenkrank und wartet auf eine Spenderniere. Für ihn ist wichtig: Die Bevölkerung soll mehr über Organspende wissen. Dass die Widerspruchslösung abgelehnt wurde, enttäuscht ihn nicht. Radio Essen-Moderator Patrick Wilking hat mit ihm im Radio Essen-Interview gesprochen.


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Moderator Patrick Wilking & André aus SchonnebeckDas denkt André aus Schonnebeck über die Organ-Entscheidung
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Ruhrbischof Overbeck: "Die Kirche freut sich"

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Ruhrbischof Overbeck hat sich im Vorfeld zur Organspende-Entscheidung gemeldet. Er hat den Essener Bundestagsabgeordneten einen Brief geschrieben, in dem er sie bat, gegen die Widerspruchslösung zu stimmen. Sie sei eine freiwillige Gabe und keine Selbstverständlichkeit, schrieb er darin. Das spreche gegen Freiheitsverständnis. Deshalb war Overbeck für den jetzt gewählten Vorschlag, nach dem man sich in einem Register im Internet jederzeit als Organspender an- und abmelden kann. Seine Reaktion nach der Entscheidung fiel entsprechend zufrieden aus.

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Ruhrbischof Franz-Josef OverbeckRuhrbischof Overbeck zur Organspenden-Entscheidung
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Gesundheitsdezernent der Stadt Essen ist enttäuscht

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Der Sozial- und Gesundheitsdezernent Peter Renzel ist enttäuscht von der Entscheidung des Bundestags, denn er war für die Widerspruchslösung. Er sieht die Entscheidung als eine "vertane Chance" an. Man habe verpasst, mit einem mal vielen Menschen helfen zu können. Die gewählte Lösung kann er noch nicht bewerten, heißt es. Zum Beispiel müsse man abwarten, ob es mehr Arbeit ist und schauen, wie das Gesetz am Ende aussieht.

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Einige Essener Abgeordnete waren für Widerspruchslösung

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Trotz des Briefes des Bischofs waren einige der Essener Bundestagsabgeordneten für die Widerspruchslösung bei der Organspende. Der SPD-Politiker Dirk Heidenblut aus Essen-Holsterhausen ist überzeugt von der Widerspruchslösung. Er glaubt, dass die Zahl der Spenderorgane dadurch gestiegen wäre. Außerdem sei das System die dominierende Lösung in Europa. Deutschland sei eines der letzten Länder, in denen das System noch nicht Standard ist. Sein SPD-Kollege Arno Klare sieht die Lage anders: Er findet, dass Menschen sich aktiv zur Organspende entscheiden sollten: "Zustimmung ist besser als Widerspruch."

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CDU, Grüne und AfD: Das denken die Abgeordneten über die Organspende-Debatte

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Neben den Abgeordneten der SPD haben wir von Radio Essen auch mit Politikern der CDU, Grünen und der AfD gesprochen, die als Bundestagsmitglieder über die Zukunft der Organspende entscheiden durften. Matthias Hauer von der CDU war Mitantragsteller für die Widerspruchlösung: "Neuneinhalb-Tausend Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan." Die Widerspruchslösung hätte dieses Problem am nachhaltigsten lösen können, hieß es. Dennoch sei die Entscheidung höchstpersönlich gewesen. Kai Gehring hat sich gegen die Widerspruchslösung entschieden. Er unterstützte die Lösung seiner Parteichefin Annalena Baerbock: Jeder soll regelmäßig über Organspende informiert werden, zum Beispiel wenn man seinen Pass im Bürgeramt abholt.

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AfD: Entscheidung über Organspende soll bei Menschen bleiben

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Stefan Keuter von der AfD findet: "Grundsätzlich soll die Entscheidung bei den Menschen bleiben." Das persönliche Gut hänge die AfD sehr hoch, heißt es. Er selbst habe einen Organspendeausweis, eine Pflicht lehnt er dennoch ab. Auch ein Register im Internet sieht er als schwierig an. Mehr Spenderorgane werden trotzdem benötigt, sagt er.


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