Leben retten in Essen: Wie Ihr mit Blut- und Stammzellenspenden Menschen helft
Veröffentlicht: Dienstag, 04.02.2025 06:00
Am 4. Februar ist Weltkrebstag. An diesem Tag wird auf die verschiedenen Krankheiten und die Betroffenen mit ihren Geschichten aufmerksam gemacht. Im Radio Essen-Interview haben uns Lebensretter ihre ganz persönlichen Geschichten erzählt.

Radio Essen spricht mit Lebensretter
Wenn Menschen die Diagnose Krebs bekommen sitzt der Schock tief. Krebs - das ist ein sensibles Thema. Betroffene und ihre Angehörigen stehen nach so einer Diagnose vor einem großen Berg an Herausforderungen. Aber es gibt auch Geschichten, die Mut machen können. So wie die von Regina Palmer aus Lincoln in den USA und ihrem Lebensretter Achim Krause. Regina ist Amerikanerin. Im Jahr 2019 bekommt sie die Diagnose "Blutkrebs". Ein Spender mit passenden Stammzellen, der ihr das Leben retten könnte, findet sich zunächst nicht. Selbst ihre Zwillingsschwester mit den gleichen Erbinformationen kommt nicht als Spenderin in Frage. Achim hatte sich 2019 typisieren lassen, weil ein junger Mann an seinem Wohnort an Leukämie erkrankt war. Schulkameraden einer Bekannten hatten daraufhin eine Typisierungs-Aktion organisiert. Dem jungen Mann kam jede Hilfe leider zu spät. Dann klingelt wenig später bei Achim Krause in Deutschland das Handy. Die gemeinnützige Organisation DKMS ist am Hörer und fragt Achim, ob er an einer Stammzellenspende teilnehmen würde. Lang gezögert hat Achim nicht. Nur vier Wochen später hat er sich für die Spende ins Krankenhaus begeben. So konnte er der Amerikanerin Regina Palmer ein zweites Leben schenken.
Achim und Regina lernen sich kennen
Doch bei einer anonymen Spende sollte es nicht bleiben. Achim und Regina haben sich tatsächlich kennengelernt. Das war aber erstmal gar nicht so einfach. Nach einer Stammzellenspende gibt es erstmal Zeiträume, in denen Datenschutz gilt. In Deutschland sind das zwei Jahre, in den USA sogar drei Jahre. Vorher musste Achim natürlich zustimmen, dass nach der abgelaufenen Zeit sein Name öffentlich erscheinen darf. "Mir wurde erstmal nur gesagt, dass die Spende nach Amerika zu einer jungen Frau geht. Sie war 34 Jahre zu der Zeit." Dann hat Achim auch den Namen der Frau bekommen und hat "losgegoogelt". Allerdings erstmal ohne Ergebnis. Ein Jahr später hat sich Regina dann aber bei Achim gemeldet. Am 1. April 2022 taucht eine E-Mail in seinem Posteingang auf. "Das war ein unglaublich emotionaler Moment, als ich ihren Namen gesehen habe. Ich hab gedacht: Jetzt bin ich gespannt, was passiert." Sie habe sich erstmal bedankt: "Es waren nur fünf Zeilen, in denen sie ihre ganzen Emotionen und Wertschätzung ausgedrückt hat. Dann ging ein unglaublicher E-Mail-Austausch los." Regina hatte keine Lebenserwartung mehr, ohne die Spende hätte sie wenige Tage später nicht überlebt. Der Kontakt ist geblieben. Die beiden haben sich getroffen, einmal in Deutschland, einmal in den USA - mit ihren Familien. "Wir haben uns beim ersten Mal nur in den Armen gelegen und Tränen vergossen, wirklich geweint aber auch viel gelacht zusammen", erzählt Achim. "Diese ganze Sache hat mich emotional überfordert", verrät er.
Ein spontanes Interview mit dem amerikanischen Fernsehen
Dass dann auch noch eine Einladung einer amerikanischen Talk-Sendung kommen würde, hat ihn komplett überrascht. Als es zu der Spende kam, hatte das Medium schon einmal berichtet, dass ein 54-jähriger Mann aus Deutschland zum Spender geworden ist. Da gab es damals schon eine Reportage, wie Regina die Spende bekommen hat. Als er mit seiner Familie zu Besuch in den USA war, kam auf die Frage, was man denn heute machen könnte die Antwort: "Nichts Schlimmes, ist nur ein Fernsehinterview am Morgen". Da musste Achim kurz schwer schlucken, ein Interview auf Englisch - gar nicht so einfach! Aber Regina wollte unbedingt, dass das Thema Leben retten weiter bekannt wird. Wochen später wurde das Interview im lokalen TV ausgestrahlt. Heute haben die beiden immer noch Kontakt, gratulieren sich zum Geburtstag, bei Regina sogar jetzt zu zwei Geburtstagen. "Für mich ist es keine große Veränderung Leben zu retten. Es ist einfach ein riesiges Geschenk, diese Familie kennengelernt zu haben und zu erleben, was die Spende für die Familie bedeutet."
Sydney aus Essen ist Spenderin mit Leidenschaft
Sydney ist 24 Jahre alt und wohnt in Essen. Vor vier Jahren hat sie sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren lassen. Einfach so aus Nächstenliebe, sagt sie. Sie selbst kennt niemanden mit der Diagnose Krebs. Trotzdem will sie helfen, denn sie arbeitet selbst ehrenamtlich für die DKMS. Irgendwann erhält sie dann einen Anruf. Ihre Stammzellen kommen als Spende infrage. Sie lässt sich durchchecken und alles passt. Sydney wird unter Narkose etwas Knochenmark entnommen. Danach erfährt sie warum: ihre Spende geht an ein Baby zwischen 0 und 3 Jahren. Im Radio Essen-Interview wird sie emotional, als sie von Erfahrungen mit Patientinnen und Patienten erzählt.
"So viele warten so lange auf eine passende Spende. Und da sind so viele Emotionen, aber auch so viel Freude. Es macht wirklich was mit einem, wenn diese Menschen dann so viel Freude und so viel Herzenswärme ausstrahlen, obwohl es ihnen vielleicht grade selbst nicht so gut geht." sagt Sydney.
Deshalb will sie auch selbst die Familie kennenlernen, der sie mit ihrer Spende geholfen hat.
Eine Welle der Unterstützung für Rosa
Rosa ist acht Jahre alt, als sie ihre Diagnose bekommt. Myelodysplastisches Syndrom - oder Knochenkrebs. Eigentlich wollte sie im April 2022 in die Osterferien starten und in den Urlaub fahren. Stattdessen muss sie ins Krankenhaus. Ihre Eltern sind besorgt, aber zuversichtlich.
"Wir haben uns nie gefragt: warum ausgerechnet wir? Und Rosa hat mich noch in der gleichen Nacht gefragt, ob sie wieder gesund wird. Da habe ich in mich hinein gehorcht und gedacht, ja. Und das habe ich ihr dann auch gesagt. Ja, du wirst wieder gesund, aber das wird ein langer Weg sein. Und den sind wir dann auch gemeinsam gegangen." erzählt Ina, Rosas Mama.
Mittlerweile ist Rosa 11 Jahre alt und krebsfrei. Und das nicht zuletzt, weil sie schnell eine Stammzellenspende bekommen hat. Bei der Suche danach haben viele Essenerinnen und Essener mitgeholfen. Dafür war ihre Familie unfassbar dankbar, erzählt Ina im Radio Essen-Interview.
Auch Hilfe bei alltäglichen Aufgaben haben Ina und ihrem Mann sehr geholfen. Während der Pandemie konnte immer nur einer von ihnen Rosa besuchen. Aber Nachbarn und Freunde haben in der Zeit viel für die Familie getan.
"Es stand so gut wie jeden Tag frisch gekochtes Essen vor der Tür. Es kam Post für uns an. Und alle haben alles für uns gemacht. Wir mussten fast nichts selber tun und das war eine enorme Erleichterung!" erinnert sich Ina.
Rosa und ihre Familie sind seitdem auch Teil eines Netzwerks, das sich für krebskranke Kinder einsetzt und sie unterstützt. Dabei geht es auch darum, wieder ins Leben zu finden. Zum Beispiel können Kids hier neue Sportarten für sich entdecken. Mehr Infos dazu findet Ihr hier.
Krebs und Organtransplantation
Das Thema Krebs und Organtransplantation ist sehr einschüchternd für viele Menschen. Es ist aber auch sehr vielfältig, erklärt Doktor Ulf Neumann vom Universitätsklinikum Essen im Radio Essen-Interview. Die Ergebnisse sind immer häufiger positiv. Zwar dürfen Krebspatienten selbst in den meisten Fällen keine Organe spenden, allerdings gibt es da Ausnahmen, erklärt Doktor Neumann.
"Wenn man in einem frühen Krebsstadium ist und seit vielen Jahren tumorfrei gewesen ist, kann man Organe spenden."
Manchmal ist es notwendig, ein neues Organ einzusetzen durch eine Transplantation, weil das eigene Organ wegen der Erkrankung nicht mehr funktioniert. Das kommt besonders häufig bei Krebs vor, der die Leber befällt. Bei sogenannten Leber-eigenen Tumoren war es bisher sehr schwierig, Transplantationen durchzuführen. Das ändert sich aber mittlerweile. Auf der anderen Seite gibt es leider auch Fälle, bei denen gesunde Menschen nach einer Transplantation Krebs entwickeln. Die Erkrankung Krebs löst oft Angst und ein Gefühl der Machtlosigkeit aus - nicht nur bei den Patienten selbst. Doktor Neumann erklärt, dass es ganz unterschiedliche Typen gibt.
"Manche reden gar nicht gern über das Thema und da kann man dann auch nichts Gutes sagen. Manche gehen offener damit um. Was wir immer machen, wir bieten den Patienten und Angehörigen psychosomatische Begleitung an - damit sie irgendwie mit der Krankheit klarkommen können."
Wenn ein Familienmitglied an Krebs erkrankt ist, kann es hilfreich sein, wenn man bei Gesprächen mit den behandelnden Ärzten dabei ist. Oft stehen Krebspatienten bei solchen Gesprächen sehr unter Druck und bei der Flut an Informationen kann etwas verloren gehen. Als Angehöriger dabei zu sein und die Informationen mitzuschreiben kann deshalb eine enorme Unterstützung sein. Besonders Menschen mit Tumoren in der Leber sollten Zentren aufsuchen, die sich mit dem Thema auskennen und dort besprechen, wie die weitere Behandlung ablaufen kann, rät Doktor Neumann. In Essen gibt es eine solche Beratungsstelle an der Universitätsklinik.
Blutspenden in Essen: Do's and Dont's
- Erscheine nur gesund zur Blutspende
- Vorab: Viel viel trinken, Kaffee und schwarzen Tee nur in Maßen genießen
- 24 Stunden vorher kein Alkohol mehr
- Ausreichend essen, ab dem Abend zuvor auf fettige, schwere Speisen verzichten
- Nach der Spende gilt eine Pause von 56 Tagen, bevor wieder gespendet werden darf
Hier in Essen könnt Ihr Blut spenden
In Essen gibt es mehrere Möglichkeiten Blut zu spenden. Hier eine Übersicht möglicher Anlaufstellen:
- Am Uniklinikum in Holsterhausen
- In den Blutspendezentren des DRKs
- Im Haema Spendezentrum auf der Kettwiger Straße
So registriert Ihr Euch für die Stammzellenspende
Wenn Ihr Stammzellenspender werden wollt, ist das ganz einfach. Einfach über das DKMS den Registrierungstest bestellen: da müsste Ihr Eure persönlichen Daten angeben und dann bekommt Ihr das Set per Post. Dann den Abstrich machen (die Anleitung findet Ihr auch in dem Test) und wieder zurückschicken. Dafür müsst Ihr nichts bezahlen. Und schon seit Ihr Teil des Spender-Pools.
Krankenhäuser in Essen forschen zur Krebsheilung: So könnt Ihr mitmachen
Die evangelischen Kliniken Essen-Mitte suchen aktuell Krebspatientinnen für eine Studie:
Bei einer antihormonellen Therapie nach Brustkrebs kommt es häufig zu Hitzewallungen und dadurch bedingt auch zu Schlafstörungen. Ohrakupunktur kann helfen. Die Klinik für Integrative Onkologie & Supportivmedizin an den Evang. Kliniken Essen-Mitte Klinik untersucht in einer wissenschaftlichen Studie (OhrHit) die Wirkung und Effektivität von Ohrakupunktur bei Hitzewallungen. Dabei erhält jede Studienteilnehmerin fünf Wochen lang zweimal wöchentlich Ohrakupunktur. Frauen zwischen 18 und 75 Jahren, die nach der Diagnose einer nicht metastasierten hormonrezeptorpositiven Brustkrebserkrankung eine antihormonelle Therapie erhalten und unter Hitzewallungen leiden, können sich beteiligen. Interessierte können sich per Mail studienaufruf-nhk@kem-med.com oder Telefon (0201) 174-39069 (Sprachbox) melden.
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