In Essen beginnt die Arbeit in der neuen Diamorphinambulanz - ein erster Einblick!
Veröffentlicht: Mittwoch, 14.05.2025 05:45
Die Stadt Essen hat jetzt eine eigene Diamorphinambulanz. Seit Längerem wird das medizinisch hergestellte Heroin schon an bestimmte Suchtkranke in anderen Städten abgegeben. Jetzt gibt es das auch in Essen. Wir haben mit der Suchthilfe über das neue Zentrum gesprochen.

Essen hat jetzt eine eigene Diamorphinambulanz
In Essen können suchtkranke Menschen jetzt auch medizinisch hergestelltes Heroin bekommen. Das Medikament heißt Diamorphin und wird unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in der neu geschaffenen Ambulanz verabreicht. Radio Essen bekommt erste Einblicke in die Ambulanz bei der Suchthilfe direkt an der Hoffnungsstraße. Dort sind alle froh, dass die Vorbereitungen für die neue Ambulanz endlich abgeschlossen sind. Dafür gibt es in den Gesetzen, bei der Bezirksregierung und bei der Kassenärztlichen Vereinigung eine Menge Regelungen. Direkt nach den Osterfeiertagen konnten die ersten Patientinnen und Patienten jetzt in die Ambulanz kommen. Bisher mussten Patientinnen und Patienten in die Nachbarstädte nach Wuppertal oder Düsseldorf fahren, um Diamorphin zu bekommen. Viele sind erleichtert, dass sie die Fahrt nicht mehr machen müssen. Annette Pern ist Ärztin in der Diamorphinambulanz in Essen und erzählt im Interview mit Radio-Essen-Moderatorin Anna Bartl, wie erleichtert sie ist, dass es den Ersatzstoff endlich auch in Essen gibt.
Ambulanz in Essen muss hohe Sicherheitsstandards erfüllen
Bei der Suchthilfe in Essen ist es sauber und einladend in der Diamorphinambulanz, wie wir das alle aus einer Arztpraxis kennen. Ein Teil der schon bestehenden Ambulanz für die Vergabe der anderen Ersatzstoffe wie Methadon und Polamidon wurde umgebaut. Es mussten vor allem ein neues Schließsystem und neue Kameras eingebaut werden. Die Kosten dafür liegen bei rund 800.000 Euro. Die Patientinnen und Patienten kommen herein, bekommen einen Schlüssel für einen kleinen Spind und können dort ihre Sachen ablegen. Dann müssen sie einen Alkoholtest machen. Ist alles in Ordnung, können sie zum einen ihr Methadon oder Polamidon bekommen. Andere Patienten, die Diamorphin bekommen, gehen durch eine unscheinbare Tür und stehen vor einem weiteren, gut gesicherten Tresen. Hier bekommen sie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die für sie bestimmte Menge an Diamorphin und können sich das an den dafür vorgesehenen Plätzen selbst spritzen. Danach halten sie die leere Spritze in die Kamera und mit einem Nicken sagt ihnen die Mitarbeiterin, dass sie diese durch ein Loch in einen verschließbaren Behälter werfen können. Sie machen auch ihren Platz wieder sauber und bleiben zehn Minuten im Aufenthaltsraum, damit alle sicher sind, dass es ihnen gut geht. Bis zu drei Mal am Tag kommen die Patientinnen und Patienten in die Praxis, um sich das Diamorphin zu spritzen. Das wirkt wie Heroin nur einige Stunden. Über Nacht bekommen die meisten einen anderen Ersatzstoff.
Diamorphin in Essen - Chance für Abhängige
In Essen können suchtkranke Patientinnen und Patienten nur nach genauen Vorgaben Diamorphin bekommen. Sie müssen zum Beispiel längere Zeit andere Ersatzstoffe erhalten haben, brauchten aber trotzdem weiter Heroin um klarzukommen. Diese Menschen können jetzt mit Diamorphin behandelt werden. Nur dieses Medikament erzeugt das gleiche warme, wohlige Gefühl wie Heroin, erklärt Ärztin Annette Pern im Gespräch mit Radio Essen. Die Dosis wird individuell angepasst. Da es sich bei dem Präparat aber um reines Heroin handelt, ist die Dosis meist deutlich geringer als die Mengen, die sich Suchtkranke auf dem Schwarzmarkt beschaffen müssen. Außerdem gibt es keine Gefahr durch Fremdstoffe, die immer im Heroin vom Schwarzmarkt zu finden sind.
Patientinnen und Patienten zahlen wie alle gesetzlich Krankenversicherte einmal im Monat 10 Euro für die Vergabe. Wer seine Heroinsucht auf dem Schwarzmarkt befriedigen muss, zahlt mindestens 1.500 Euro pro Monat. Das bedeutet für die meisten Abhängigen, dass sie in die Abwärtsspirale von Betteln, Kriminalität und Obdachlosigkeit geraten. Durch die Aufnahme in die Diamorphinambulanz lässt sich dieser Kreislauf durchbrechen. Wenn einige es dann noch schaffen, mit immer weniger Diamorphin auszukommen, ist auch der Weg ganz raus aus der Sucht möglich. Die Suchthilfe direkt bietet zahlreiche und umfangreiche Beratungen für Suchtkranke an. Im Kontaktladen können sie tagsüber etwas essen, Kaffee trinken und sie bekommen einen Schlafplatz, wenn sie möchten. Wer noch nicht so weit ist, sich von den Drogen zu verabschieden, kann auch im Drogenkonsumraum mit einer sauberen Spritze sein Heroin konsumieren oder es rauchen.
Das Ziel der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Suchthilfe direkt ist es, suchtkranke Menschen zu unterstützen. Inzwischen wird von der Gesellschaft die Realität anerkannt, dass niemand jemanden zwingen kann, seine Sucht aufzugeben, wenn der Mensch es selbst nicht will.
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