Schicht im Schacht - Ende des Bergbaus

Auf dem Höhepunkt des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet haben mehr als 480.000 Kumpel in den Zechen gearbeitet. Am 31. Dezember 2018 war dann das letzte Mal Schicht im Schacht. Die letzte Steinkohle-Zeche Prosper Haniel in Bottrop wurde dicht gemacht. Hier erinnern wir an das Bergbau-Zeitalter, das Kohle-Herz der Ruhries, mit vielen Bildern, Interviews und Geschichten.

Die Zeche Zollverein in vollem Betrieb zu den Hochzeiten des Steinkohlebergbaus in Essen.
© Stiftung Zollverein

Ein Jahr Abschied vom Bergbau im Ruhrpott

Mit der letzten Schicht auf Zeche Prosper-Haniel in Bottrop ging die mehr als 1.000-jährige Geschichte des Ruhrbergbaus zu Ende. Das bedeutete auch: Mit Prosper-Haniel und dem Bergwerk Ibbenbüren wurden die letzten Steinkohlezechen in ganz Deutschland stillgelegt. Auf dem Höhepunkt des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet förderten Tausende Bergmänner rund 125 Millionen Tonnen Steinkohle im Jahr von unten nach oben. Die bekannteste Zeche war und ist die Zeche Zollverein in Stoppenberg. In den 1920er Jahren galten die Anlagen rund um Schacht 12 als modernste Zeche der Welt. Heute stehen die Schächte und Gebäude auf dem Hauptgelände unter Denkmalschutz. Zusammen mit der Kokerei an der Köln-Mindener-Straße bilden sie das größte industrielle UNESCO-Kulturerbe der Welt.

Das ganze Jahr 2018 gab es viele Abschiedsveranstaltungen von verschiedenen Bergbau-Organisationen, wie der RAG, Zollverein oder der Bergmanns-Gewerkschaft. Ebenso gab es im Dezember eine große Live-Sendung bei Radio Essen, wo wir uns feierlich mit vielen Gästen vom Steinkohle-Zeitalter verabschiedet haben.

Abschiedsgottesdienst für die Bergmänner

Bergmänner im Essener Dom zum Abschied der Steinkohle
Im Dom zum Abschiedsgottesdienst für den Bergbau im Ruhrgebiet haben sich viele ehemalige Bergmänner versammelt.© Radio Essen
Im Dom zum Abschiedsgottesdienst für den Bergbau im Ruhrgebiet haben sich viele ehemalige Bergmänner versammelt.
© Radio Essen

200 Jahre Bergbau sind schon ein Teil der Geschichte. Beim großen Gottesdienst im Essener Dom erinnerten am 20. Dezember ehemalige aber auch aktive Bergleute an das Ende des Bergbaus. An dem Tag wurde in Bottrop die letzte Deutsche Zeche offiziell dicht gemacht. Radio Essen-Reporter Kostas Mitsalis war beim Abschiedsgottesdienst im Dom und traf da drei Männer in Bergarbeiterklamotten. Oliver, Mike und Bernd sahen noch so richtig nach Arbeit aus - mit Helm und Grubenlampe. Vielleicht ist der Bergbau tot - aber die Bergmänner sind nicht klein zu kriegen. Respekt und Glück Auf!

© Radio Essen

Der letzte Bergmann macht den Schacht zu

Jörg Laftsidis war einer der letzten Kumpel auf Prosper Haniel. Er ist in Wanne-Eickel groß geworden, einen Steinwurf von der Zeche Pluto entfernt, sein Vater war Bergmann – der Bergbau war für Jörg Laftsidis als Kind allgegenwärtig. Seit 1983 arbeitet bei der RAG. Den Zusammenhalt, den es unter Tage gebe, den würde er sich manchmal auch über Tage wünschen, hat er Anna Bartl im Interview erzählt.

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Energie ohne Steinkohle?

Peter Schrimpf war früher selbst Steiger, heute ist er Vorstandsvorsitzender der RAG. Damals, als er Bergbau studiert und angefangen hat unter Tage zu arbeiten, da habe noch niemand gedacht, dass die Steinkohleförderung in Deutschland mal beendet würde. Den Schritt fand er auch nicht so gut, da nicht klar ist, wie die Energieversorgung in Deutschland gesichert werden soll.

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Ewigkeitsaufgaben der RAG

Barbara Schlüter ist Gesamtbetriebsratsvorsitzende der RAG. Für sie ist seit dem 31. Dezember 2018 noch nicht Schicht im Schacht. Unter anderem ist sie noch mit der „Ewigkeitsgesellschaft“ betraut. Wie schwierig es ist zu verhindern, dass Kumpel ins Bergfreie fallen und arbeitslos werden, darüber hat sie mit Anna Bartl im Interview gesprochen.

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Oberbügermeister Kufen: Wandel nach Bergbau

Auch wenn unsere Zeche – die Zeche Zollverein – schon 1986 geschlossen wurde spüre man, dass das Ende des Bergbaus auch die Menschen in Essen sehr bewegt, sagt Oberbürgermeister Thomas Kufen. An Zollverein sehe man, dass der Wandel möglich ist. Wie so ein Wandel nach dem Bergbau aussehen kann, das erklärt er im Interview.

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Eindrücke Unter Tage

Grubenfahrt unter Tage

Als besonderes Abschiedgeschenk haben wir bei Radio Essen eine der letzten Grubenfahrten auf Prosper Haniel verlost. Bewaffnet mit Helm und Schutzbrille durften acht Radio Essen-Hörer 1.200 Meter tief in die Erde fahren und den Bergbau unter Tage erkunden. Als erstes ging es durch ein Drehkreuz zum Schacht. Genauso traten die Bergmänner jeden Tag ihren Dienst an. Dann verschwanden sie für acht Stunden unter der Erde. Anderthalb Minuten dauerte eine Fahrt mit dem Aufzug auf 1.200 Meter unter der Erde. Mit 40 km/h war der ganz schön schnell unterwegs und wackelte auch ordentlich. Aber die Fahrt hat alle begeistert.

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Geschichten ausm Kohle-Pott

Die größte private Grubenlampen-Sammlung

Der ehemalige Malermeister Siegfried Bartsch streicht mit den Fingern den Staub von einem der vielen Regale in seinem Keller. "Das ist mein kleines Reich," erzählt er stolz und zeigt auf die vielen Grubenlampen, Gasmessgeräte und Helme. Vorsichtig nimmt er eine fast 200 Jahre alte Lampe in die Hand, öffnet sie mit einem leisen Klicken und erklärt, wie sie einst funktioniert hat. Bartsch sammelt seit etwa 50 Jahren alles, was einmal unter Tage im Einsatz war. Radio Essen-Stadtreporter Sven Christian Schulz wurde beim Besuch im Keller laut begrüßt...

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Zechenlandschaft im Vorgarten in Steele

Vera Lüttenberg hat sich in ihrem Vorgarten in Steele eine kleine Zechenlandschaft gebaut. Highlight der Sammlung an der Straße Am Stadtgarten ist ein 1,20 Meter hoher Nachbau des Förderturms der Zeche Zollverein. Ihr Lebensgefährte bekomme immer Tränen in den Augen, wenn er Zollverein im Fernsehen sehe, sagte sie im Radio Essen-Interview und da hat sie den Doppelbock nachbauen lassen und in den Vorgarten gestellt. Außerdem gibt es dort noch einen Kohlezug, eine Lore und einen Bergmann.

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Karl Heinz Finke - Ein echter Kumpel

Karl Heinz Finke war ein echter Kumpel 2018 hat die letzte Steinkohle-Zeche bei uns in Deutschland geschlossen. Wir sind mit ihm bei der Steigerführung mit Püttgeschichten auf dem Denkmalpfad Zollverein zusammengekommen. Da sind wir der Spur der Kohle gefolgt und haben den ehemaligen Kumpel Karl Heinz Finke gefragt, was so schön war am Job des Bergmanns.

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Singender Bergmann

Der ehemalige Bergmann Reinhold Kämmerer aus Vogelheim ist bekannt als Essens singender Bergmann. Er war selbst 35 Jahre unter Tage. Angefangen hat er mit 13 Jahren und zum Abschied hat er mit Radio Essen-Moderator Timm Schröder auf die Zeit als Bergmann zurück geblickt.

© Radio Essen

Was bleibt: Denkmalpfad auf Zollverein

Für die Zeche Zollverein ist schon seit 1986 Schicht im Schacht. Schon zwei Jahre später haben ehemalige Kumpel die ersten Führungen organisiert. 1993 hat dann die Kokerei Zollverein geschlossen, sie war eine der modernsten Kokereien der Welt. Seit dem Umbau der Zeche und Kokerei zieht das Weltkulturerbe viele tausende Touristen an. Aus den ersten Führungen ist bis heute der Denkmalpfad entstanden. Er erklärt unter anderem, wie die Kohle gefördert und weiterverarbeitet wird. Jedes Jahr nutzen ihn rund 150.000 Menschen, um mehr über das Leben der Bergleute zu erfahren. In der Zukunft soll es zwölf neue Stationen des Denkmalpfads an der Kokerei entstehen. Insgesamt wird das knapp sechs Millionen Euro kosten. Der Aufbau der ersten Station am Löschturm hat 534.000 Euro gekostet. Das Geld kommt von der RAG-Stiftung (300.000 Euro), von der NRW-Stiftung (220.000 Euro) und von den Freunden und Förderern Zollvereins (14.000 Euro).

Damit die Besucher diese Prozesse möglichst hautnah erleben können, arbeitet Thorsten Seifert von der Stiftung Zollverein an den einzelnen Stationen für den neuen Denkmalpfad. Die Besucher werden in Zukunft im Kokskuchen stehen, rund um sie Feuer und erleben so wie es aussah an und in den Öfen auf Zollverein. Aber auch die Situation der Arbeiter und die Belastung für die Umwelt wird an einzelnen Stationen beleuchtet. Auf dem Dach der Mischanlage mit Blick auf die gigantische Kokerei hat Anna Bartl mit Thorsten Seifert über den neuen Denkmalpfad gesprochen.

© Radio Essen

Der ehemalige revierführende Schichtsteiger kennt sich auf "seiner" Kokerei ganz genau aus. Er hatte 50 Mitarbeiter und hat dafür gesorgt, dass die Kohle rechtzeitig in die Öfen kam und dann als Koks auch wieder raus. Der ehemalige Koker kennt jeden Stein auf der Kokerei und hat dort als technischer Zeichner angefangen. Noch heute sieht er in der stillgelegten Kokerei Rohrleitungen, die er gezeichnet hat. Inzwischen führt er ehrenamtlich Besucher über die Kokerei und erklärt, was da früher passiert ist. Er freut sich auf den neuen Denkmalpfad. Anna Bartl hat mit ihm in der Kokerei unter den alten Öfen gesprochen.

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Die einen haben in der Kokerei gearbeitet, die anderen sind nebenan aufgewachsen. So wie Anneliese Rauhut im Hugenkamp. Ihr Vater hatte eine Apotheke, sie selbst ist heute Ärztin. Früher, so erinnert sie sich, ist sie mit ihren Freunden immer an der Mauer der Kokerei entlang gelaufen und hat sich gefragt, was passiert eigentlich dahinter . Es hat gerumpelt und gestunken. Jede Morgen lag der Kohlendreck auf der Fensterbank. Heute ist sie Vorstandvorsitzende der Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein e.V. Der Verein hat für den neuen Denkmalpfad 14.000 Euro gespendet. Für Anneliese Rauhut geht damit ein Kindheitstraum in Erfüllung. Anna Bartl hat mit ihr auf dem Dach der Mischanlage mit Blick auf die Kokerei gesprochen.

© Radio Essen

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