Polizeipräsidium Essen: Rechtsextreme Chatgruppen entdeckt, Durchsuchungen bei Polizisten

Polizisten aus Mülheim und einigen anderen Städten sollen in Chatgruppen rechtsextreme Inhalte verbreitet haben. Bei 14 Verdächtigen gab es heute Morgen Durchsuchungen, sie und 15 weitere Beamte seien vorläufig vom Dienst suspendiert worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul.

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Polizei Essen / Mülheim: Rechtsextreme Chatgruppen

Man habe bisher erst ein Handy gehabt, über das man an die jetzt Beschuldigten herangekommen sei, sagte Reul bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Bei den Razzien am Morgen seien weitere Handys beschlagnahmt worden. Wahrscheinlich werde man durch deren Auswertung Hinweise auf weitere Chat-Teilnehmer finden. Das Ursprungs-Handy habe einem 32-jährigen Beamten der Polizei Essen privat gehört, heißt es von den Ermittlern. Er wurde eigentlich verdächtigt, Dienstgeheimnisse an einen Journalisten weitergegeben zu haben. Bei der Auswertung seien dann die rechtsextremen Fotos gefunden worden. Die allermeisten Beteiligten hätten irgendwann mal in derselben Dienstgruppe in der zum Polizeipräsidium Essen gehörenden Polizeiwache in Mülheim an der Ruhr gearbeitet. Die Hälfte von ihnen hatte laut den Ermittlern aktiv Bilder eingestellt, die andere Hälfte habe mitgelesen.

Rechtsextremismus-Skandal bei der Polizei Essen / Mülheim

In den Chatgruppen seien 126 Bilddateien verteilt worden, darunter Fotos von Adolf Hitler, aber auch zum Beispiel die fiktive Darstellung eines Flüchtlings in einer Gaskammer. Eine der Chatgruppen sei wahrscheinlich bereits im Jahr 2013 gegründet worden, spätestens im Mai 2015. Der Innenminister sprach sichtlich betroffen von "einer Schande für die Polizei“. Er werde alles in seiner Macht stehende dafür tun, "diese Menschen aus dem Dienst zu entfernen". Reul kündigte eine Sonderinspektion für das vor allem betroffene Polizeipräsidium Essen an. Er wolle außerdem einen Sonderbeauftragten für rechtsextremistische Tendenzen in der NRW-Polizei berufen.

Polizeipräsident in Essen: Offizielles Statement

Der Fall habe außerhalb seines Vorstellungsvermögens gelegen, sagte der Essener Polizeipräsident Frank Richter. Er betonte, dass nur private Geräte für die Chats benutzt worden seien. Es habe keine Auffälligkeiten gegeben, die zu einem Anfangsverdacht hätten führen können. Dass keiner der beteiligten Beamten sich dem Dienstherren gegenüber gemeldet habe, erschüttere ihn. Dass sich einige schändlich verhalten hätten, habe nun Folgen für alle Kollegen, die anständig ihren Dienst verrichteten, sagte Richter. 25 der 29 betroffenen Beamten arbeiten am Standort Mülheim für das Polizeipräsidium Essen, einige von ihnen haben einen Migrationshintergrund.

Frank Richter, Polizeipräsident von Essen und Mülheim, hat sich zu dem Fall inzwischen auch schriftlich geäußert:

Ich bin zutiefst bestürzt über das unentschuldbare Fehlverhalten und kann nur mit aller Deutlichkeit sagen, dass im Polizeipräsidium Essen kein Platz für Personen ist, die sich mit solchen rechten Inhalten identifizieren. Wer Dienstgeheimnisse verrät und/oder rechtes Gedankengut verbreitet, hat in der Polizei nichts zu suchen! Dieses Handeln steht im krassen Gegensatz zu dem pflichtbewussten und verfassungskonformen Einsatz meiner vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich tagtäglich mit großem Engagement für die innere Sicherheit in Essen und Mülheim an der Ruhr einsetzen.

Gewerkschaft der Polizei: Es handelt sich um Einzelfälle

Die Gewerkschaft der Polizei in Essen und Mülheim spricht von einem laufenden Ermittlungsverfahren, dessen Ergebnis man abwarten müsse. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, sei die Suspendierung die geeignete Maßnahme. Die betroffenen Beamten stünden bereits mit der Gewerkschaft in Kontakt.

Das Anti-Rechts-Bündnis "Essen stellt sich quer" sieht ein eklatantes und "seit Jahren gärendes Problem" bei der Polizei in Essen und Mülheim.

Fall für Experten nicht überraschend

Warum können sich derartige Gruppen über Jahre heimlich und im Hintergrund aufbauen, ohne dass es auffällt? Darüber haben wir im Radio Essen-Interview mit dem Politikwissenschaftler und Experten für Rechtsextremismus der Uni Duisburg-Essen gesprochen, Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer. Er war über die Meldung nicht überrascht, es sei ein Einzelfall, aber er empfindet die Meldung sehr irritierend. Er hat die Gefahr hinter einer solchen Gruppierung eingeordnet.

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