Essen: Jedes dritte Kind ist arm

In Essen leben die Eltern jedes dritten Kindes von Hartz 4. Das bedeutet nach der Definition der Bertelsmann-Stiftung, sie leben in Armut. Sie verfügen über so wenig Einkommen, dass ein bei uns normaler Lebensstandard für sie nicht möglich ist.

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Jedes dritte Kind in Essen lebt von Hartz 4

Damit steht Essen auf dem vorletzten Platz deutschlandweit in der Tabelle der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung. Nur in Gelsenkirchen (41,5 Prozent) ist die Lage noch schlechter. Im Dezember letzten Jahres lebten 33,1 Prozent der Kinder unter 18 Jahren in Familien, die Leistungen nach SGB-II (Hartz 4) bekommen. Vor fünf Jahren waren es 30,6 Prozent. Der Wert ist also noch einmal gestiegen. In anderen Städten im Ruhrgebiet sind es etwas weniger: Herne 31,2 Prozent, Duisburg 30,8 Prozent oder Dortmund 30,1 Prozent.

Was bedeutet es für Kinder in Essen, arm zu sein?

Kinder haben ständig Sorgen um die finanzielle Situation bei ihnen zu Hause. Sie können nicht oder nur sehr selten an Klassenausflügen teilnehmen. Sie laden keine Freunde nach Hause ein, weil sie sich schämen. Sie gehen nicht auf die Geburtstage ihrer Freunde, weil sie ihren selbst nicht feiern können oder kein Geschenk besorgen können. Sie gehen auch meist nicht mit Freunden ins Kino oder Eis essen und bekommen nur selten neue Kleidung. Zu Hause haben sie oft keinen ruhigen Platz zum Lernen, deshalb sind sie häufig in der Schule schlechter als andere Kinder.

Corona-Pandemie wird Situation in Essen verschärfen

Die Bertelsmann-Stiftung fürchtet, dass die Corona-Pandemie die Situation der armen Kinder weiter verschlechtern wird. Sie haben häufiger keinen Internetanschluss zu Hause, keinen Computer, kein Laptop oder Tablet und können so gar nicht mehr am Unterricht teilnehmen, wenn er zu Hause stattfinden soll und sie die Aufgaben online bekommen. Viele Lehrer wissen das und versuchen ihre Schüler anders zu erreichen und verteilen Aufgabenblätter, die die Kinder bearbeiten sollen. Trotzdem können ihnen ihre Eltern oft weniger helfen als Eltern aus anderen Familien, davon gehen die Macher der Studie aus. Außerdem sind während des Corona-Lockdowns viele Angebote weggefallen, kostenloses Mittagessen oder die Betreuung bei den Hausaufgaben nach der Schule. Darüber haben sich viele Sozialarbeiter in Kray oder Frohnhausen in Gesprächen mit Radio Essen Sorgen gemacht.

Wie wirkt sich Armut auf Kinder aus? Wer hilft ihnen?

Radio Essen Moderatorin Anna Bartl hat mit Zita Höschen gesprochen. Sie ist Bereichsleiterin im SOS-Kinderdorf-Zentrum an der Hammacherstraße im Ostviertel. Dort betreut sie zusammen mit vielen engagierten Mitarbeitern Kinder aus Hartz 4-Familien und Kinder, die ohne Eltern hier in Essen leben.

© Anna Bartl, Radio Essen

Es könnte noch mehr Kinder treffen

Durch die Corona-Pandemie sind viele Menschen noch in Kurzarbeit. Aber viele Leiharbeiter oder Minijobber haben schon längst keine Arbeit mehr. Das wird sich auf die Zahl der armen Kinder bei uns in Essen noch einmal auswirken. Je mehr Menschen von der Unterstützung durch den Staat leben müssen, desto schlechter für ihre Kinder. Sie können an der Situation nichts ändern. Sie leiden aber am meisten darunter, sagen die Macher der Bertelsmann-Studie. Sie fordern deshalb eine Kindergrundsicherung, die einfach und transparent beantragt werden kann und dafür auch Anlaufstellen für Jugendliche und Kinder selbst. Außerdem schlagen sie vor, dass in Zukunft Kinder und Jugendliche selbst mehr zu ihren Bedürfnissen und Interessen befragt werden. Gerade in der Corona-Krise sei aufgefallen, dass Kinder und Jugendliche nur als Schüler gesehen wurden, die zu lernen hätten.

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