Verkehrsregeln am Rüttenscheider Stern: Stadt Essen verliert vor Gericht

Wieder verliert die Stadt Essen vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Jetzt müssen die neuen Verkehrsschilder am Rüttenscheider Stern erstmal verdeckt werden.

© Kostas Mitsalis / Radio Essen

Abbiegezwänge und Durchfahrtsverbot in Essen gelten erstmal nicht mehr

Aktuell dürfen Autofahrerinnen und Autofahrer in Essen am Rüttenscheider Stern nicht mehr vom Stadtzentrum aus kommend die Rüttenscheider Straße geradeaus nach Süden herunter fahren. Auch von der Klarastraße aus kommend dürfen sie nicht mehr links auf die Rü fahren. Und wenn sie von der Zweitertstraße aus rechts auf die Rüttenscheider Straße abbiegen, kommen sie nicht weit. Dann müssen sie direkt auf die Christophstraße abbiegen. Das ist Teil der viel diskutierten neuen Verkehrsführung auf der Rü. Jetzt müssen die entsprechenden Verkehrsschilder am Rüttenscheider Stern aber erstmal verdeckt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Dienstagabend (21. Januar) im Eilverfahren entschieden.

Gericht sieht keine besondere Gefahrenlage in Essen für die beklagten Verkehrsregeln

Eine Botique-Besitzerin aus Rüttenscheid hatte gegen die neue Verkehrsführung geklagt. Das Gericht stimmte ihr zu. Es sagt: Die neue Verkehrsführung ist rechtswidrig, weil sie ohne triftigen Grund in den fließenden Verkehr eingreift. Abbiegezwänge oder Durchfahrtsverbote dürften nur bei einer besonderen Gefahrenlage eingesetzt werden, zum Beispiel wenn es ohne diese Zeichen an den Stellen zu außergewöhnlich vielen Unfällen käme. Das konnte die Stadt aber nicht beweisen. Außerdem sagt das Gericht, die Stadt habe nicht genug darauf geachtet, was die neue Verkehrsführung für den Verkehr auf den Nebenstraßen und Anliegerinnen und Anlieger bedeute.

So reagiert die Stadt Essen

Die Verkehrsregeln in Essen am Rüttenscheider Stern müssen jetzt erstmal außer Kraft gesetzt werden. Das letzte Wort zum Verkehr rund um die Rü ist aber noch nicht gesprochen. Am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen läuft dazu noch ein großes Klageverfahren. Am Mittwochmittag (22. Januar) hat die Stadt Essen auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts reagiert. Oberbürgermeister Thomas Kufen hat schon am Mittwochmorgen angeordnet, die beklagten Schilder sofort abzumontieren und entsprechende Markierungen zu entfernen. Gleichzeitig prüft sie eine Beschwerde gegen den Beschluss beim Oberverwaltungsgericht in Münster.

"Auch um rechtliche Klarheit zu erlangen, welche Gestaltungs- und Eingriffsmöglichkeiten in den Verkehrsraum und zum Schutz einer Fahrradstraße Politik und Verwaltung überhaupt zugestanden werden." (Statement der Stadt Essen)

Oberbürgermeister Thomas Kufen sagte dazu:

"Ich sehe mit Sorge, dass die anhaltende und aufgeheizte Diskussion über die Verkehrsführung in Rüttenscheid dazu führt, dass der Einzelhandelsstandort Rüttenscheid immer mehr Schaden nimmt. Daran kann niemand ein Interesse haben.“

Wie es weitergeht, wird Kufen mit den Fraktionen und Gruppen im Rat der Stadt abstimmen. Außerdem will die Stadt in den kommenden Tagen und Wochen die Auswirkungen (des beklagten Abschnitts) auf der Rüttenscheider Straße bewerten und erinnert, dass die Regeln in Höhe der Martinstraße, Rüttenscheider Straße/ Fransziskastraße und Manfredstraße im Süden der Rü sowie an der Huyssenallee weiter gelten.

Botique-Besitzerin aus Essen freut sich über Beschluss

Die Botique-Besitzerin aus Essen, die gegen die Verkehrsregeln am Rüttenscheider Stern geklagt hatte, ist froh über den Beschluss des Gerichts - für sich und alle anderen Gewerbetreibenden in Rüttenscheid. Gerade Auswärtige hätten den Stadtteil wegen der verwirrenden Verkehrsführung zuletzt gemieden, weniger Umsatz sei die Folge gewesen. Außerdem seien die Nebenstraßen verstopft gewesen. Das alles habe jetzt erstmal ein Ende, sagt sie auf Radio Essen-Nachfrage. Die Klage sei der einzige Weg gewesen, vorher habe die Stadt die Gewerbetreibenden nicht gehört. Jetzt hofft die Botique-Besitzerin, dass die Stadt ein Verkehrskonzept erstellt, dass alle Verkehrsteilnehmenden gleichermaßen berücksichtigt.

RadEntscheid Essen fordert Stadt auf Beschwerde einzulegen

Ganz anders reagiert der RadEntscheid Essen. Das Bürgerbegehren sieht den Beschluss des Verwaltungsgerichts als erneuten Rückschlag für die Verkehrswende in Essen. Die Rüttenscheider Straße sei eine Fahrradstraße, dementsprechend müssten dort weniger Autos unterwegs sein. Der RadEntscheid fordert die Stadt auf, Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen. Außerdem solle die Stadt die Maßnahmen auf der Rüttenscheider Straße so überarbeiten, dass sie juristisch einwandfrei sind. Dafür brauche es mehr politischen Willen.

Der Kreisverband Essen des Verkehrsclubs Deutschland fordert zwei echt gegenläufige Einbahnstraßen einzurichten. Es gebe einfach zu viele Autos in Essen und es könne kein "Weiter so" geben. Gleichzeitig will er einen fairen Umgang bei der ganzen Diskussion um die Rüttenscheider Straße.

Stadt Essen verliert schon zum zweiten Mal vor Gericht

Es ist nicht das erste Eilverfahren, dass die Stadt Essen vor dem Verwaltungsgericht verloren hat. Bei einer ersten Klage ging es um das Abbiegeverbot am südlichen Ende der Huyssenallee. Dann hat sich die Stadt Essen aber außergerichtlich mit der klagenden Firma ifm geeinigt. Das Ergebnis: Anlieger dürfen über die Huyssenallee geradeaus auf die Rüttenscheider Straße und damit in ihre Tiefgarage und zu ihrem Unternehmen fahren. Alle anderen Autofahrerinnen und Autofahrer müssen an dieser Kreuzung aber weiter rechts oder links abbiegen.

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