Ruhr Museum in Essen ist 120 Jahre alt - Einblicke in einige Lieblingsstücke
Veröffentlicht: Freitag, 03.01.2025 12:25
Das Ruhr Museum in Essen feierte im Dezember 2024 seinen 120. Geburtstag. Wir haben mit ein paar Kuratoren über Ihre Lieblingsstücke und das Besondere am Museum gesprochen.

Die Geschichte des Ruhr Museums in Essen
Das Ruhr Museum in Essen feierte am 4. Dezember 2024 seinen 120. Geburtstag. Gegründet wurde es 1901 und 1904 öffnete es dann als Museum für Kunst, Natur und Völkerkunde. Anfangs war es in der Essener Innenstadt, aber 2008 zog es in die alte Kohlenwäsche der Zeche Zollverein.
Heute zeigt das Museum die Geschichte und Kultur des Ruhrgebiets – es ist also viel mehr als nur ein Industriemuseum, es ist das „Gedächtnis“ der Region, heißt es vom Museum. Es hat riesige Sammlungen zu Natur, Archäologie, Geschichte und Fotografie, die ständig erweitert und in Sonderausstellungen gezeigt werden. Ein besonderes Highlight ist das Schaudepot auf der Kokerei Zollverein, wo rund 25.000 Objekte zu sehen sind. Das Ruhr Museum in Essen hat im letzten Jahr rund 250.000 Besucher begeistert.
Lieblingsstücke im Ruhr Museum in Essen
Dr. Ingo Wuttke, Kurator für Industrie- und Zeitgeschichte im Ruhr Museum in Essen, ist seit 2022 fest dabei, hat aber schon ab 2008 als Volontär mitgearbeitet und unter anderem an der Dauerausstellung auf der 6-Meter-Ebene mitgeholfen. Für ihn ist das Ruhr Museum aber mehr als nur ein gewöhnliches Museum.
„Das Ruhr Museum ist hier in Nordrhein-Westfalen einzigartig, weil es das Regionalmuseum für das Ruhrgebiet ist. Wir erzählen nicht nur die Kulturgeschichte der Region, sondern auch, wie die naturräumlichen Voraussetzungen hier eine Rolle gespielt haben“, erklärt der Kurator im Interview mit Radio Essen.
Sein Lieblingsstück? Ein Nagelbild aus dem Ersten Weltkrieg von 1915. Es handelt sich um eine runde Tafel, die mit schwarzen, silbernen und goldenen Nägeln übersät ist. In Schulen konnten Schüler damals Nägel kaufen und damit das Bild auf der Tafel gestalten. Das Motiv: Ein eisernes Kreuz, umringt von dem Spruch „Noch nie wurde Deutschland überwunden, wenn es einig war“. Was dieses Objekt für Wuttke so besonders macht: Es stammt aus einer „Schulnagelung“. Zu dieser Durchführung der Nagelaktionen hatte die Schulwandtafelfabrik Gottfried Glasmachers aus Essen spezielle Nagelschilde hergestellt, die Kriegsmotive trugen.
Dr. Reinhild Stephan-Maaser ist Kuratorin für Vormoderne Geschichte im Ruhr Museum auf der 12-Meter-Ebene. Was das Museum für Sie besonders macht? Ganz klar: Die Objekte stehen im Mittelpunkt. Die verschiedenen Räume wurden extra so gestaltet, dass diese Objekte und Bilder richtig zur Geltung kommen und man sich erst danach mit den Beschriftungen der jeweiligen Objekte beschäftigt. Für Sie ist das Ruhr Museum aber viel mehr als nur ein Job:
„Ich arbeite hier, das bringt mir Lohn und Brot, aber es macht auch richtig viel Spaß. Man lernt nie aus. Durch die Vorbereitung von Ausstellungen kommt man immer wieder in ganz neue Gebiete hinein, die man sich erarbeiten muss. Man lernt so unglaublich viel – nicht nur über das Ruhrgebiet und unsere Geschichte, sondern auch allgemein“, sagt die Kuratorin für Vormoderne Geschichte.
Ihr Lieblingsobjekt ist ein Porträt einer Frau aus dem 16. Jahrhundert. Sie steht vor einer Brüstung und hält in der einen Hand ein Gebetsbuch, in der anderen einen Totenkopf. Was für sie an diesem Bild besonders ist: Es zeigt die Rolle der Frau in der Renaissance – und zwar nicht als passives Wesen, sondern mit einem fast trotzigen Gesichtsausdruck. Das Bild erzählt viel über die Umbruchszeit der Epoche und ist dadurch besonders spannend, so Dr. Reinhild Stephan-Maaser.
Dr. Magdalena Drexl ist ebenfalls Kuratorin für Vormoderne Geschichte und betreut die Dauerausstellung auf der 17-Meter-Ebene im Ruhr Museum. Sie ist schon seit 2003 dabei und hat die Dauerausstellung seitdem immer wieder mit begleitet. Jetzt kümmert Sie sich zusätzlich auch noch um die wechselnden Ausstellungen. Für Sie hebt sich das Ruhr Museum besonders von anderen Museen ab:
„Das Ruhr Museum ist einfach riesig und zeigt die Geschichte der ganzen Region, also des Ruhrgebiets. So etwas gibt es sonst nirgends“, erklärt Dr. Drexl im Interview mit Radio Essen.
Ihr Lieblingsstück ist eine Bergmannskrippe, die seit dem 1. Dezember 2024 im Museum zu sehen ist. Diese Krippe stellt die Geburt von Jesus unter Tage dar – anstelle der Hirten sieht man hier vier Bergleute in ihrer Arbeitskleidung. Das Ruhr Museum hatte lange nach so einem einzigartigen Stück für die Region gesucht, und umso größer war die Freude bei Dr. Drexl, als dieses besondere Objekt endlich in die Dauerausstellung aufgenommen wurde.
Dr. Achim Reisdorf ist Kurator für Naturkunde im Ruhr Museum, und zwar auf der 17-Meter-Ebene. Er selbst stammt nicht aus dem Ruhrgebiet, erinnert sich aber noch genau an seinen ersten Besuch im Ruhr Museum:
„Als ich das erste Mal hier war, hat es mir fast den Atem verschlagen. Was ich so großartig fand, war, wie die verschiedenen Themen – Naturkunde, Geschichte, Kultur – hier miteinander verbunden werden. All das steckt in einem Museum und wird mit tollen Geschichten erzählt“, erzählt der Kurator im Radio Essen-Interview.
Sein Lieblingsstück? Ein plattgefahrener Fasan. Der wurde nicht etwa überfahren, sondern von einem Jäger geschossen und landete zufällig auf einer Bundesstraße bei Gladbeck. In der Vitrine, in der der Fasan ausgestellt ist, steht der Hinweis: „Augen auf im Straßenverkehr“.
Stefanie Grebe ist Fotohistorikerin, Fotografin, Dozentin, Kuratorin und seit 2015 Leiterin der Fotografischen Sammlung / Fotoarchiv im Ruhr Museum auf dem Welterbe Zollverein in Essen. Was für sie das Besondere am Ruhr Museum ausmacht? Ganz klar:
„Das Besondere ist natürlich zum einen, dass es auf dem Weltkulturerbe der Zeche Zollverein liegt, und dann auch, dass es ein unglaublich vielfältiges Museum ist, mit vielen tollen Einzelstücken, die sich über alle Abteilungen des Museums verteilen“, erklärt Grebe im Radio Essen-Interview.
Die Fotografische Sammlung umfasst etwa vier Millionen analoge Fotografien, die sich hauptsächlich mit dem Ruhrgebiet beschäftigen. Ihr Lieblingsstück ist ein Bild von Ergun Caatay aus dem Jahr 1990. Es zeigt zwei junge Mädchen, die in die Kamera schauen. Für Stefanie Grebe ist dieses Foto ein perfektes Beispiel für urbane Fotografie, weil es ein sehr komplexes Thema auf den Punkt bringt. Es geht nicht nur um die abgebildeten Mädchen oder die Ballons, sondern auch um das Gedicht, das im Bild eingebaut ist. Das Foto wurde 2021 im Rahmen einer Ausstellung von Ergun Caatay gezeigt und ist ihr bis heute positiv in Erinnerung geblieben.
