Zverev erlebt Erstrunden-Debakel in Wimbledon

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© Jordan Pettitt/PA Wire/dpa

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London (dpa) - Alexander Zverev schulterte seine weißen Tennis-Taschen und schlich mit gequälter Miene vom Centre Court in Wimbledon. Der Weltranglistendritte hat beim Rasen-Klassiker ein Debakel erlebt und ist völlig überraschend bereits in der ersten Runde gescheitert. Nach dem Abbruch am Vorabend beim Stand von 1:1-Sätzen verlor der 28-Jährige mit 6:7 (3:7), 7:6 (10:8), 3:6, 7:6 (7:5), 4:6 gegen den französischen Außenseiter Arthur Rinderknech. 

Bei mehr als 30 Grad auf dem Centre Court zeigte Zverev nach Wiederaufnahme der Partie am Nachmittag lange Zeit eine ganz schwache Vorstellung und konnte seinem Gegner keinmal den Aufschlag abnehmen. Das Spiel war am Vorabend abgebrochen worden, weil in Wimbledon wegen des Lärmschutzes für die Anwohner nicht nach 23.00 Uhr gespielt werden darf. «Ich bin so froh, dass das Match vorbei ist. Wir haben gestern um 8 angefangen und hören heute um 7 auf», sagte Rinderknech überwältigt.

Erstes Erstrunden-Aus bei Grand Slam seit 2019

Nicht mal ein Hechtvolley im Stile von Boris Becker im vierten Satz und «verdammt große Eier», die sich Zverev nach Gewinn dieses Durchgangs selbst attestierte, reichten zum Pflichtsieg. Damit wartet er auch nach dem 38. Anlauf weiter auf seinen ersten Grand-Slam-Triumph. In Wimbledon ist er bislang nie über das Achtelfinale hinausgekommen. Es war seine erste Auftaktniederlage bei einem Grand Slam seit 2019 an gleicher Stelle. 

Zuvor war Tatjana Maria in der Mittagshitze entkräftet mit 6:3, 6:7 (4:7), 1:6 gegen die Amerikanerin Katie Volynets als zweiter deutscher Tennisprofi nach Daniel Altmaier ausgeschieden. Zudem knickte Ella Seidel beim Stand von 3:6, 2:3 gegen die Spanierin Jessica Bouzas Maneiro um und musste aufgeben.

Um 16.04 Uhr Ortszeit betrat Zverev wieder den Centre Court - gut 17 Stunden nach dem Abbruch am Vorabend. Das Dach war im Gegensatz zu Montagabend geöffnet. Auch wenn ein leichter Wind über den Centre Court wehte, herrschte eine drückend-schwüle Atmosphäre.

Bruder-Treffen nachts um zwei Uhr im Flur

Trotz einer kleinen Klimaanlage im Zimmer hatte Zverev in der tropischen Nacht nicht schnell in den Schlaf gefunden. «Wir haben uns um zwei Uhr nachts noch im Flur getroffen, weil es sowas von heiß war im Haus. Es war unfassbar», sagte Bruder Mischa vor der Partie bei Prime Video.

Ein, zwei Sachen seien mit seinem knapp zehn Jahre jüngeren Bruder als Lehre aus den ersten beiden Sätzen besprochen worden. Doch statt einer Leistungssteigerung erlebte Zverev einen Start zum Vergessen. Im ersten Spiel konnte er noch zwei Breakbälle abwehren, wenig später kassierte er aber den ersten Aufschlagverlust der Partie zum 1:2.

Vergebene Breakbälle im vierten Satz

Rinderknech schlug wie schon am Montag stark auf, konnte Zverev mit variablem Spiel und Stoppbällen in Bedrängnis bringen. Eine Vorhand von Zverev segelte vom Netz zum Verlust des dritten Satzes ins Aus.

Zu Beginn des vierten Durchgangs zeigte der Hamburger das lange fehlende Aufbäumen, erkämpfte sich beim Stand von 2:2 zwei Breakbälle. Doch erneut agierte Zverev zu inkonsequent und vergab auch später noch große Chancen, Rinderknech erstmals den Aufschlag abzunehmen. Im Tiebreak zeigte Zverev starke Nerven, servierte beim Stand von 5:5 einen zweiten Aufschlag mit 219 Stundenkilometern und glich aus. 

Er habe «verdammt große Eier», brüllte Zverev in Richtung seiner Box. Doch erneut gab er seinen Aufschlag zum 1:2 ab und blieb immer wieder zu passiv. Rinderknech zitterte der Arm, doch nach 4:40 Stunden vollendete er die Sensation. 

Am Vorabend hatte es noch kaum nach diesem Ausgang ausgesehen. Zverev schrieb beim Gang vom Platz noch ein paar Autogramme und posierte für ein Selfie. Rinderknech hockte hingegen noch mehrere Minuten auf seinem Stuhl, aß eine Banane und schlich geknickt vom Platz, als sich die Tribünen schon fast komplett geleert hatten. Am Folgetag feierte der Weltranglisten-72. trotzdem den völlig unerwarteten Erfolg.

Sperrstunde eine Besonderheit in Wimbledon

Dass Zverev seine Partie nicht am Montagabend zu Ende gespielt hatte, liegt an einer Wimbledon-Besonderheit. Im Gegensatz zu den anderen drei Grand-Slam-Turnieren wird nicht bis in den frühen Morgen gespielt. Die Sperrstunde um 23.00 Uhr Ortszeit wurde 2009 eingeführt, als ein schließbares Dach über dem Centre Court installiert wurde und somit auch unter Flutlicht gespielt wird. 

Dies dient einerseits dem Lärmschutz für die Anwohner, zudem sollen laut den Organisatoren die Besucher sicher mit öffentlichen Transportmitteln nach Hause kommen. Der ausrichtende All England Lawn Tennis & Croquet Club hält auch an dem späten Spielstart um 13.30 Uhr Ortszeit auf dem Centre Court fest. Der Grund: Damit soll die zahlungskräftige Kundschaft entspannt zu Mittag essen können.

Maria: Aus tut «ziemlich weh»

Von sieben gestarteten deutschen Profis sind nun noch Eva Lys, Laura Siegemund und Jan-Lennard Struff in der zweiten Einzel-Runde dabei. Nach ihrem überraschenden Halbfinaleinzug 2022 scheiterte Tatjana Maria zum dritten Mal nacheinander direkt zum Auftakt. 

Dabei schlug die 37-Jährige im zweiten Satz beim Stand von 5:4 zum Matchgewinn auf und lag auch im Tiebreak mit 4:2 vorn. «Ich hatte meine Chance und habe sie nicht genutzt. Es tut auf alle Fälle ziemlich weh heute», gestand sie. «Es war sehr heiß, am Ende ging mir schon die Kraft aus.»

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Arthur Rinderknech feiert einen unerwarteten Erfolg.© Kin Cheung/AP/dpa
Arthur Rinderknech feiert einen unerwarteten Erfolg.
© Kin Cheung/AP/dpa

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