Juden in Essen feiern aufwendige Fertigstellung von neuer Tora

Die Juden in Essen feiern am Sonntag, 12. Juni das Schreiben der letzten Buchstaben einer neuen Tora. Die neue Tora wird dann in einem feierlichen Umzug in die Neue Synagoge gebracht. Warum das ein großes Ereignis für die jüdische Gemeinde in Essen ist.

Alte Synagoge in Essen 2021
© Kerstin Kokoska, FUNKE Foto Services

Tora wird in Essen fertiggeschrieben

Exakt 304.805 Buchstaben hat jede Tora. In ihr stehen die fünf Bücher Mose, sie ist einer von drei Teilen der jüdischen Bibel. Über das Jahr verteilt wird in den jüdischen Gemeinden jedes Kapitel der Tora gelesen, am Feiertag "Simchat Tora" geht es wieder von vorne los. Der Inhalt einer Tora ist immer exakt derselbe - egal ob in Israel, Deutschland oder anderswo auf der Welt. Jede Tora wird von Hand mit Feder und Tinte auf Pergamentrollen geschrieben. Dafür gibt es speziell ausgebildete Toraschreiber, die darauf achten müssen, dass sie jeden einzelnen der über 300.000 Buchstaben richtig aufschreiben. Keiner darf zu fett sein, nirgendwo der Abstand zu groß oder zu klein, sonst ist die Tora ungültig. Zum Vergleich: Eine am Computer beschriebene DIN-A4-Seite hat etwa 1800 Zeichen, inklusive Leerzeichen. Kein Wunder, dass das Schreiben einer Tora viele Monate dauert.

Letzte Buchstaben für neue Tora in Essen

Am Sonntag wird eine solche Torarolle bei einer Zeremonie in der Alten Synagoge in der Innenstadt nach monatelanger Arbeit fertiggeschrieben. In der Regel dürfen dann auch Gäste der Zeremonie jeweils einen der letzten Buchstaben auf das Pergament schreiben. Für die jüdische Kultus-Gemeinde in Essen ist das etwas sehr besonderes: Es ist das erste Mal seit 1945, dass eine Tora in Essen fertiggeschrieben wird. Deshalb reisen unter anderem Menschen aus Israel, Ecuador und den USA an. Sie sind Nachkommen eines Synagogendieners, der am 10. November 1938 mit ansehen musste, wie Torarollen in Essen verbrannt wurden. Außerdem sind bei der dreistündigen Feier Vertreter der Stadt, der Religionsgemeinden und von jüdischen Nachbargemeinden dabei. Die Feier ist nicht öffentlich.

Juden in Essen feiern neue Torarolle

Die fertiggeschriebene Torarolle wird im Anschluss in einem feierlichen Umzug in die Neue Synagoge an der Sedanstraße im Südostviertel gebracht. Die jüdische Gemeinde bei uns in Essen hat laut Zentralrat der Juden etwa 900 Mitglieder. Sie ist eine Einheitsgemeinde, ihre Mitglieder können also allen religiösen Richtungen des Judentums angehören. Vor allem die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion im November 1990 hat die Essener Gemeinde deutlich wachsen lassen.

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