BGH Urteil: Mieter und Vermieter sollen sich das Renovieren teilen

BGH zu Schönheitsreparaturen

Eine häufige Streitfrage bei Renovierungsarbeiten in Mietwohnungen ist nun durch den Bundesgerichtshof (BGH) geklärt: Unrenoviert bezogene Räume müssen bei Bedarf vom Vermieter gestrichen oder frisch tapeziert werden.

Der Mieter muss aber einen Teil der Kosten übernehmen, in der Regel die Hälfte, wie die Karlsruher Richter entschieden. Sie wollten beiden Seiten entgegenkommen. Das Urteil stieß allerdings bei Eigentümer- und bei Mieterverbänden auf harsche Kritik. (Az. VIII ZR 163/18 u.a.)

Hintergrund ist, dass so gut wie alle Mietverträge die sogenannten Schönheitsreparaturen dem Mieter aufbürden. Grundsätzlich ist das auch erlaubt. Allerdings ist nicht jede gängige Klausel zulässig.

Ausnahmen in den Mietverträgen

Mieter, die ihre Wohnung unrenoviert beziehen, müssen diese zum Beispiel grundsätzlich nicht auf eigene Kosten herrichten. Sonst müssten sie die Räume im ungünstigsten Fall schöner zurückgeben, als sie sie selbst übernommen haben, entschied der BGH 2015. Wer so eine Klausel im Mietvertrag hat, kann diese getrost ignorieren.

Das Problem: Bisher war ungeklärt, ob stattdessen der Vermieter einspringen muss. Er muss laut Gesetz die Wohnung «in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand» überlassen und «in diesem Zustand» erhalten.

Zwei Streitfälle aus Berlin gingen nun bis zum BGH. Die Wohnungen wurden 2002 und 1992 bezogen und in der langen Zeit nie in Schuss gebracht. Die Mieter sind wegen der unzulässigen Klausel im Vertrag nicht dazu verpflichtet. Die Vermieter weigerten sich. Auch sie haben nachvollziehbare Gründe - würden sie frisch renovieren, wäre der Zustand der Wohnungen um einiges besser als bei Bezug.

Richter finden einen Kompromiss

Die naheliegende Lösung für die obersten Zivilrichter: ein Kompromiss. Der Mieter hat Anspruch auf eine ganz normale Renovierung, muss sich aber in angemessenem Umfang an den Kosten beteiligen, wie die Senatsvorsitzende Karin Milger erläuterte.

«Wir meinen auch nicht, dass das dazu führt, dass es Hunderttausende Prozesse gibt», hatte sie schon vor einer Woche in der Verhandlung gesagt. Der Vermieter werde in aller Regel eine Firma beauftragen, das sei nicht billig. Die Mieter dürften sich also zweimal überlegen, ob sie das wirklich wollen. Außerdem gilt der Anspruch immer nur dann, wenn sich der Zustand der Wohnung deutlich verschlechtert hat.

Der Deutsche Mieterbund kritisierte das Urteil als unverständlich. Der Vermieter habe den Mieter zu regelmäßigen Renovierungen verpflichten wollen - unabhängig vom Zustand der Wohnung. «Keine anderen Anforderungen dürfen aber dann für den Vermieter gelten, wenn die Abwälzung seiner Pflicht zur Instandhaltung der Wohnung auf den Mieter gescheitert ist. Es ist nicht einzusehen, weshalb hier mit zweierlei Maß gemessen wird», sagte Präsident Lukas Siebenkotten. Das Urteil werde zu weiterem Streit über die Kostenaufteilung führen.

Der Berliner Mieterverein nannte das Urteil «nicht nachvollziehbar, ungerecht und lebensfremd». Am Ende werde der Mieter «doch den unrenovierten Zustand bei Einzug durch Eigeninitiative beseitigen, da ihn dies billiger kommt», sagte Geschäftsführer Reiner Wild.

Auch der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland befürchtet «große Probleme bei der praktischen Umsetzung» und «wachsendes Misstrauen zwischen Mietern und Vermietern», die sich während des Mietverhältnisses nun immer im Einzelfall verständigen müssten.

Verbandspräsident Kai Warnecke warnte vor steigenden Mieten: «Ist der Vermieter verpflichtet, während eines laufenden Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen auszuführen, muss er diese Kosten in die Miete einpreisen», sagte er. Das treffe auch Mieter, die nur wenige Jahre in der Wohnung lebten und nicht in den Genuss einer Renovierung kämen. «Schönheitsreparaturen sollen daher Mietersache sein.» Das müsse der Gesetzgeber nach diesem Urteil klarstellen.

Allein der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW teilte mit, die Entscheidung sei «ein ausgewogener Kompromiss». Der Mieter erhalte «mehr als vertraglich geschuldet», sagte Präsident Axel Gedaschko.

Die beiden Fälle aus Berlin müssen nun am Landgericht neu verhandelt werden. Verschiedene Kammern hatten dort einmal den Mieter und einmal den Vermieter in der Pflicht gesehen. Beide Urteile hob der BGH auf.

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