Uniklinik Essen reicht Klage gegen Krankenhausreform ein
Veröffentlicht: Donnerstag, 16.01.2025 14:39
Keine Herztransplantationen mehr an der Uniklinik in Essen - so sieht es die neue Krankenhausreform vor, für dessen Umsetzung in NRW Gesundheitsminister Laumann bereits Pläne hat. Die Uniklinik klagt jetzt für mehr Zeit.

Uniklinik in Essen leitet rechtliche Schritte gegen NRW-Beschluss ein
Die Uniklinik Essen wehrt sich gegen die Pläne der Politik für ihr Transplantationszentrum. Das soll mit dem Kommen der neuen Krankenhausreform schließen. Der ärztliche Direktor Prof. Jochen A. Werner ist bestürzt und will vor Gericht ziehen. Damit die Reform nicht sofort greift, hat die Uniklinik jetzt Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die Klinik klagt um Aufschub für 2 - 3 Jahre, um die Versorgung weiter sicherzustellen. Einen ähnlichen Aufschub hat das Uniklinikum Bonn schon erhalten.
Die Uniklinik in Holsterhausen transplantiert seit 30 Jahren Herzen und hat sich in diesem Bereich über Jahre etabliert. Vor allem in den Bereichen Transplantation und Onkologie. 2024 wurden 14 Herztransplantationen durchgeführt, was deutlich über den ab 2026 geforderten Mindestzahlen liegt. Werner gilt eigentlich als Befürworter der Reform, die NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann konkret umsetzen will. Mit einer Ausnahme: Eine 1:1 Übertragung von Krankenhäusern auf Universitätskliniken sei nicht möglich, da diese auch Forschung und Lehre umfassen müssten - so Werner. Laumann will Expertise vor allem in Zentren bündeln. Das sei aber an der Uniklinik mit den Bereichen Onkologie und Transplantationsmedizin bereits der Fall. Mit einer Schließung würde genau das Gegenteil erreicht werden. Herztransplantationen würde es dann im Ruhrgebiet nicht mehr geben. Essen ist in NRW aktuell das einzige Zentrum, an dem die vier großen Organe (Herz, Lunge, Leber und Niere) transplantiert werden. Für kombinierte Transplantationen von Herz und Leber müssten Patienten bundesweit auf fünf Transplantationszentren ausweichen.
Thomas Kufen reagiert auf Pläne der Landesregierung
Die Planungen für die Krankenhausstruktur müssten angepasst werden. Das ist Oberbürgermeister Thomas Kufen Forderung an die Landesregierung.
"Dieses Ergebnis ist das Ergebnis jahrelanger Aufbauarbeit, kontinuierlicher Investitionen in modernste Medizintechnik und die Expertise hochqualifizierter Ärztinnen und Ärzte. Der drohende Wegfall der Herztransplantationen am Universitätsklinikum würde diese Erfolgsgeschichte beenden und einen gravierenden Verlust für den Gesundheitsstandort Essen, die Region und ganz NRW bedeuten."
Nordrhein-Westfalen müsse weiterhin Vorreiter in der medizinischen Spitzenversorgung bleiben, sagt Kufen.
Uniklinik Essen hatte schon Widerspruch eingereicht
Die Uniklinik hatte gegen die Entscheidung schon letztes Jahr Widerspruch eingelegt, erhielt dann einen korrigierten Bescheid mit einer Zuweisung von zehn jährlichen Herz-Lungen-Transplantationen. Solche seien aber extrem komplex und selten, sagt Werner. Bundesweit gab es in den Jahren 2023 und 2024 jeweils nur zwei Herz-Lungen-Transplantationen. Die extrem seltenen Eingriffen könnten dazu führen, dass Chirurgen durch die fehlende Praxis aus der Übung kommen. Zudem sieht Werner die Entwicklung der Medizinischen Fakultät und der Universität Duisburg-Essen in Gefahr, da dadurch hochqualifizierte Fachkräfte abwandern könnten. Forscherinnen und Forscher könnten ihre Forschungen nicht fortsetzen. Der Uniklinik Bonn wurde zunächst ein Aufschub gewährt, die Uniklinik Essen ist hier hingegen leer ausgegangen, obwohl in Bonn die Fallzahlen bei Nieren- und Lebertransplantationen die Mindestmengen nur knapp erreichen würden. Es gebe gute Argumente, dass auch Essen eine Bewährungszeit bekomme. Vor allem hätten innovative Techniken wie die Maschinenperfusion dazu beigetragen, über 100 Organe zu retten, darunter viele Herzen, die transplantationsfähig gemacht werden konnten.
Eine Schließung würde unterschiedliche Folgen mit sich bringen: In der Krankenversorgung, Lehre, Forschung und in der Bindung und Gewinnung von Fachkräften und Spezialisten. Jetzt bleibe nur noch der Klageweg, so Werner.
Was die Klinikreform im Detail bedeutet
Die Krankenhausreform verfolgt klare Ziele: Die Behandlungsqualität soll gesichert und gesteigert werden, die medizinische Versorgung flächendeckend gewährleistet, die Effizienz in der Krankenhausversorgung erhöht und die Bürokratie abgebaut werden. Bisher hat das System der Fallpauschalen die Krankenhäuser unter starken wirtschaftlichen Druck gesetzt. Viele Einrichtungen stehen vor der Schließung, wenn sich nichts ändert. Die Reform bringt eine entscheidende Neuerung: Notwendige Kliniken erhalten sogenannte Vorhaltepauschalen, sofern sie die festgelegten Qualitätskriterien erfüllen und von den Ländern in die entsprechende Leistungsgruppe eingestuft werden. Diese Vorhaltepauschalen bieten den Kliniken eine Art Existenzgarantie, selbst wenn sie weniger Behandlungen durchführen. Damit rückt die Qualität der Versorgung in den Vordergrund, nicht mehr die Menge der Behandlungen.
Das bisherige System der Fallpauschalen wird weitgehend ersetzt. Notwendige Kliniken bekommen zusätzlich Vorhaltepauschalen, was ihnen eine Existenzgarantie bietet, auch bei geringerer Behandlungsanzahl. Die Qualität der Versorgung wird durch die Festlegung von Qualitätskriterien für die Leistungsgruppen, die von den Ländern zugewiesen werden, stärker betont. So erhalten Krankenhäuser die Chance, zu überleben, und Patienten können sicher sein, dass ihre Behandlung notwendig und gut durchgeführt wird.
Seit Mai 2024 gibt es den Bundes-Klinik-Atlas, der verständlich und transparent über den Umfang und die Qualität der stationären Versorgung in Deutschland informiert. Auch die Personalausstattung der Krankenhäuser wird dort veröffentlicht. Patienten haben somit das Recht zu erfahren, welches Krankenhaus welche Leistungen in welcher Qualität anbietet.
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