Ukraine-Krieg: Firmen in Essen machen sich Sorgen
Veröffentlicht: Donnerstag, 24.02.2022 15:28
Mehrere Firmen aus Essen gucken besonders besorgt auf den Krieg in der Ukraine. Sie sorgen sich um das Geschäft in der Region. Und auch um Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten.
Brenntag aus Essen beobachtet Lage in der Ukraine
"Wir beobachten die aktuelle Lage und Entwicklung in der Region sehr genau". So schreibt es der Chemiehändler Brenntag aus Rüttenscheid auf Radio Essen-Nachfrage. Das Unternehmen hat zwei Standorte in der Ukraine, einen in Kiew selbst und einen in der Nähe von Kiew. "Die Gesundheit unserer Mitarbeitenden und Geschäftspartner hat bei Brenntag oberste Priorität", heißt es. Man bewerte das Risiko regelmäßig neu. Auch in Russland ist Brenntag stark vertreten. Es gibt Büros in Moskau und St. Petersburg, sowie Lager in Moskau, St. Petersburg und Leningrad. Auf mögliche wirtschaftliche Folgen sieht sich Brenntag gut vorbereitet. Die Firma sei im engen Austausch mit Kunden und Lieferanten und könne deshalb Auswirkungen auf Lieferketten frühzeitig erkennen und entsprechend handeln.
Radio Essen-Interview: Was bringen Sanktionen gegen Russland?
Im Radio Essen-Interview mit Martin Kels ordnet Prof. Dr. Volker Clausen von der Uni Duisburg-Essen die Wirkung von Sanktionen gegen Russland ein. Im Gespräch wägt er die Bedeutung Russlands in der Weltwirtschaft ab. Der Absatzmarkt in Deutschland sei für Russland extrem wichtig, sagt der Volkswirtschaftsexperte im Radio Essen-Interview.
Mehr als die Hälfte vom deutschen Gas-Bedarf wird durch Russland abgedeckt. Daher sei es wichtig, alternative Bezugsquellen zu bekommen, meint der Wirtschaftsexperte. Das sei besonders wichtig, weil die Lagerbestände wegen des hohen Verbrauchs im Winter im Moment recht leer seien. "Da hätte man sich besser drauf vorbereiten können", so Prof. Dr. Volker Clausen von der Uni Duisburg-Essen. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher heißt das, dass wir uns auf hohe Energiepreise einstellen müssen, das wird man wohl auch beim Tanken merken.
Essen: ifm fürchtet schlechtere Geschäfte
Deutlich besorgter ist die Einschätzung von ifm aus dem Südviertel. Der Sensorenhersteller ist ebenfalls mit Standorten in der Ukraine und Russland vertreten. "Die Geschäfte in beiden Regionen werden rückläufig sein", sagt der Vorstandsvorsitzende Michael Marhofer. Gleichzeitig macht er sich Sorgen um die komplette Weltwirtschaft. Weitere Eskalationen werden "zu erheblichen wirtschaftlichen Rückschlägen" führen, die "weltweite Auswirkungen haben", meint er. Nach den Problemen mit den Lieferketten aufgrund von Corona wäre das die nächste große Belastung.
Essen: Sorgen um Kollegen in der Ukraine
In der Ukraine arbeiten zehn Menschen für ifm. Alle sind Einheimische, deshalb ist ein Abzug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht vorgesehen, sagt der ifm-Chef. Im Zuge der ersten Eskalation des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine hat ifm 2014 seinen damaligen Standort in Donezk schon geschlossen. In Russland arbeiten etwa 40 Menschen für den Sensorenhersteller aus dem Südviertel.
Firmen aus Essen in Russland und der Ukraine vertreten
Auch die Wärmetechnik-Firma Weldotherm aus dem Westviertel hat Standorte in Moskau und im Westen der Ukraine. Sie will sich nicht zur aktuellen Situation äußern. Auch Deichmann tut das nur sehr knapp. Der Schuhhändler aus Schönebeck hat seit 2014 in Russland 37 Filialen eröffnet. "Wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen natürlich genau", heißt es. Auch den Energieversorger RWE aus dem Nordviertel dürfte der Krieg treffen. Er ist auf Gaslieferungen aus Russland angewiesen.
IHK Essen: "Geschäft läuft schleppend"
Die Essener Industrie- und Handelskammer kennt die Probleme der Firmen. "Das Geschäft in der Region läuft für die Essener Firmen schon seit Jahren schleppend", sagt der stellvertretende Geschäftsführer Marc Meckle. Es gibt schon länger Wirtschafts-Sanktionen für den Handel mit und in Russland. Seit der Krim-Krise 2014 seien außerdem viele Beziehungen in die Region kaputt gegangen. Allerdings sagt der IHK-Experte auch: "Die Firmen, die jetzt noch dort sind, sind krisenerprobt".