Typisch deutsch bei Radio Essen: Klischees, Sprichwörter, Essen

Am 3. Oktober 2020 feiern wir 30 Jahre Deutsche Einheit und dafür macht Radio Essen den Vorurteile-Check. Was ist typisch für uns Deutsche? Erfüllen wir die Klischees oder sind manche einfach nur Mythen? Wir sprechen mit Deutschen und Essenern, die auch nicht-deutsche Wurzeln haben, wir klären Sprichwörter auf und spielen am 3. Oktober nur deutsche Musik, die Ihr bestimmen dürft.

Typisch Deutsch: Pünktlich sein, Kartoffeln essen und Socken in Sandalen
© Radio Essen

Das sagt Essen: Was ist typisch deutsch?

Es gibt vieles, was man über uns Deutsche sagt: Wir essen immer Bratwurst und Kartoffeln, wir sind immer pünktlich und legen da besonderen Wert drauf, wir haben immer Taschentücher dabei, auf Partys tanzen wir nicht, weil wir generell nicht so lustig sind. Wir meckern immer über das Wetter, Weihnachtsmärkte sind ein Muss für uns, bei uns wird recycelt und jeder Deutsche guckt den Tatort. Und: Wir stehen auf besonders lange und komplizierte Wörter wie Fußbodenschleihmaschinenverleih, Eierschalensollbruchstellenverusacher oder Musterhausküchenfachgeschäft.

Was sind davon Klischees und was ist wahr? Wir haben uns in Essen umgehört. Außerdem spielen wir am 3. Oktober nur deutsche Musik, die Ihr bestimmen dürft. Und hier könnt ihr abstimmen, welche deutsche Musik wir für euch spielen sollen.

Deutsche Sprichwörter: Warum heißt es...?

Wir haben im Deutschen viele Sprichwörter, die eine lange Geschichte hinter sich haben und für Nicht-Muttersprachler immer etwas seltsam sind. Ein paar erklären wir Euch hier.

"Du verstehst nur Bahnhof"

© Radio Essen

Dieses deutsche Sprichwort kommt aus dem ersten Weltkrieg und liegt somit mehr als 100 Jahre zurück. Die Soldaten im Krieg fuhren meist mit Zügen in Richtung Front und nach einem hoffentlich gesund absolvierten Einsatz wieder mit dem Zug zurück nach Hause. Deshalb war der Bahnhof für viele Soldaten das erste Zeichen von Heimat. Wenn ein Soldat im Einsatz nicht konzentriert war oder zum Beispiel Dinge vergaß, sagten die Kameraden oft zu ihm "Du verstehst nur Bahnhof" oder eben "Du denkst doch nur an zu Hause".

"Einen Zahn zulegen"

© Radio Essen

Hier sind sich die Sprachforscher nicht ganz sicher. Entweder kommt das Sprichwort aus dem Mittelalter, wo der Kochtopf noch an einer Schiene mit Zacken überm Feuer hing. Mit diesen Zacken konnten die Menschen den Topf näher ans Feuer und weiter hochstellen. Hatte man jetzt Hunger, stellten die Menschen den Topf einen Zacken nach unten und legten so "einen Zahn zu".

Die zweite Möglichkeit kommt aus dem 20. Jahrhundert. Als es die ersten Autos gab, mussten die Drehzahlen der Motoren stufenweise geregelt werden. Per Hand musste man so "einen Zahn zulegen", um schneller fahren zu können.

"Tomaten auf den Augen haben"

© Radio Essen

Das Sprichwort kommt eigentlich gar nicht aus Deutschland, sondern aus Spanien. Genauer gesagt aus dem mittelalterlichen Spanien. Hier galt die Tomate als Frucht der Sünde. Die spanischen Richter im Mittelalter fällten damals nach ihren Prozessen das ein oder andere Mal: "tomates en los ojos", zu Deutsch: "Tomaten auf die Augen". Einbrecher, Diebe oder Ehebrecher mussten dann wochenlang mit Tomaten auf den Augen durch die Straßen laufen. Eine öffentliche Schmach, die irgendwann begann, übel zu riechen.

Die deutsche Sprache hat ja bekanntlich auch noch viele Dialekte, zum Beispiel unser Ruhrpott-Deutsch. Dazu haben wir ein kleines Ruhrpott-Lexikon für Euch und einige Top-Ruhrpott-Sprüche gesammelt.

Typisch deutsche Küche: Im Wandel?

Nicole Gettler ist seit sieben Jahren Veganerin. Deutsche Küche bedeutet für sie nicht zwangsläufig auch Fleisch.©
Nicole Gettler ist seit sieben Jahren Veganerin. Deutsche Küche bedeutet für sie nicht zwangsläufig auch Fleisch.
©

Inhaberin des veganen Restaurants Cafe Fleischlos in Essen-Borbeck sagt:

"Die meisten denken bei deutschem Essen an Sauerbraten, Rotkohl oder Rouladen. Veganes Essen ist da höchstens Beilage. Der Hauptakteur ist da das Fleisch. Ich glaube, das liegt daran, dass es vor 50 Jahren nur öde, weiße Tofublöcke als Alternative gab. Heute kann man alles herstellen und so auch alles essen. Damit wandelt sich auch die deutsche Küche. Ein Kotelett oder eine Frikadelle schmeckt pflanzlich hergestellt natürlich nicht gleich wie die Fleischvariante, aber ähnlich. Da kommt es auf die Gewürze an. Eine ungewürzte Frikadelle schmeckt auch niemandem. Das ist beim rein pflanzlichem Kochen genauso. Und das merken mittlerweile immer mehr Menschen: Zu mir kommen jetzt auch Fleischesser, die ihren Konsum reduzieren wollen."

Lars Becker liebt traditionelles deutsches Essen. Da gehört für ihn Fleisch zu. Aber auch Kartoffeln oder Sauerkraut.©
Lars Becker liebt traditionelles deutsches Essen. Da gehört für ihn Fleisch zu. Aber auch Kartoffeln oder Sauerkraut.
©

Inhaber des Restaurants "Der Löwe" am Kopstadtplatz sagt:

"Deutsche Küche ist aus der Tradition heraus deftig und damit fleischlastig. Dazu kommen dann Kartoffeln in all ihren Formen. Da kann es auch vegane Gerichte geben. Auch das ist typisch deutsch. Wenn die Menschen früher kein Geld für Fleisch hatten, haben sie auch vegetarisch oder

vegan gegessen. Nur damals hat sich darüber keiner Gedanken gemacht. Heute schon. Und genau da liegt der Wandel und nicht in der Küche selbst. Ich persönlich gehe im Kopf mit Fleischersatzprodukten komisch um. Ich denke mir: Wenn es keine Frikadelle ist, nennt es doch Gemüseburger. Eine Frikadelle ist traditionell mit Fleisch. Fleischersatzprodukte sind für mich nicht typisch deutsch."

Das deutsche Brot: Das beste der Welt?

Zu Gast bei Essens ältester Bäckerei

Nachts aufstehen und Brote und Brötchen backen. Das ist der Job von Kai Malter. Unser Radio-Essen-Stadtreporter hat ihn begleitet:

© Radio Essen

Noch mehr Lust auf 30 Jahre deutsche Einheit und typisch deutsches? Hier könnt ihr jetzt abstimmen, welche deutsche Musik wir am 03. Oktober für euch spielen sollen.

Weitere Meldungen

skyline