Politiker aus Essen reagiert auf Ampel-Aus
Veröffentlicht: Donnerstag, 07.11.2024 16:33
Deutschlands Regierung steckt in der Krise. Die Politiker aus Essen reagieren auf Krise in Berlin.
Essen reagiert auf die Regierungskrise - Was ist passiert?
In Berlin hat Bundeskanzler Olaf Scholz Mittwochabend (6. November) bekanntgegeben, dass Finanzminister Lindner nicht im Amt bleiben wird. Der Grund: Es gibt grundlegend unterschiedliche Meinungen bei politischen Fragen in dem Bündnis von SPD, Grünen und FDP. Dabei geht es vor allem darum, wie das Geld im nächsten Jahr ausgegeben wird, ob Deutschland mehr Schulden aufnehmen soll oder der Bund mehr Geld einnehmen kann, das in der Kasse fehlt. Finanzminister Lindner will keine neuen Schulden aufnehmen und Deutschland als Industrieland stärken. Die Politiker der SPD und von den Grünen befürchten, dass durch die Politik von Lindner beispielsweise Rentner oder sozial schwache Menschen auf der Strecke bleiben. Die drei Parteien haben unterschiedliche Ziele und machen eine unterschiedliche Politik. Weil Lindner sich jetzt laut Scholz nicht auf bereits grob getroffene Vereinbarungen eingelassen hat, funktioniere die gemeinsame Politik nicht weiter. Das Ergebnis: Die FDP wird sich aus der Regierung zurückziehen, zum Beispiel aus den Ministerämtern. Die Ausnahme ist Verkehrsminister Volker Wissing: Er wird nicht länger Mitglied der FDP bleiben, dafür aber sein Amt behalten. Kanzler Scholz will im Januar im Bundestag abstimmen lassen, ob seine Regierung weiterhin gewollt ist und funktionieren kann - die sogenannte Vertrauensfrage. Dann könnte es schon Anfang nächsten Jahres Neuwahlen geben. Politiker, auch aus Essen, fordern, dass dies schon eher passieren sollte.
Oberbürgermeister von Essen Thomas Kufen besorgt um die Stadt
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen ist nicht überrascht vom Ende der Koalition in Berlin. Er macht sich jetzt allerdings große Sorgen um die Finanzen der Stadt. Die Stadt Essen hat gerade den Haushalt für die beiden kommenden Jahre aufgestellt. Für viele Projekte will die Stadt Fördergelder beim Bund einwerben. Ob und wie das Zukunft funktioniert, ist jetzt offen. Der Oberbürgermeister ist außerdem besorgt über die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die schwache Wirtschaft wirkt sich auf den Spielraum in den Kommunen aus, erklärt Oberbürgermeister Thomas Kufen im Interview mit Radio Essen-Moderatorin Anna Bartl.
CDU-Abgeordneter aus Essen reagiert
Der Essener Matthias Hauer von der CDU ist vom Ende der Ampel nicht überrascht. Im Radio-Essen Interview wies der Bundestagsabgeordnete vor allem auf die seit Beginn der Koalition bestehenden Streitigkeiten der drei Parteien hin - und dass das Vertrauen der Bürger schon länger weg wäre. Seiner Meinung nach macht es sich Olaf Scholz zu einfach, zu sagen, dass Lindner an allem Schuld sei. Auch habe die Regierung nicht genügend auf den russischen Angriffskrieg reagiert und mit ihrer Politik einfach weitergemacht, so Hauer. Die Vertrauensfrage erst im Januar zu stellen, findet er zu spät, da sich eine neue Regierung so erst im März bilden könnte. Wie auch schon andere CDU-Politiker fordert er die Vertrauensfrage schon nächste Woche zu stellen. Laut Matthias Hauer seien Neuwahlen und ein Regierungswechsel für Essen gut. Der Grund: "Die Ampel hat für Essen nichts Positives bewegt". Es gab laut dem CDU-Politiker kein Geld für den Haushalt, obwohl dies schon zugesagt wurde. Er hofft nun auf eine "kommunalfreundlichere Regierung".
SPD-Politiker aus Essen reagiert
Der Essener SPD-Politiker Frank Müller hält die Entscheidung für richtig. Die SPD Essen stehe voll und ganz hinter Bundeskanzler Olaf Scholz. Wie der Kanzler gestern in seiner Rede betont hatte, dürften Sicherheit und Zusammenarbeit in Deutschland nicht gegeneinander ausgespielt werden – und das sieht auch Müller so. Er betont, dass vor allem Rentner und Menschen im Ukraine-Krieg nicht im Stich gelassen werden dürften. Die Essener SPD sei laut Müller bereits jetzt gut auf den nächsten Wahlkampf und die kommende Bundestagswahl mit ihren Kandidaten vorbereitet.
Grüne aus Essen sind nicht überrascht
Der Essener Grünen-Politiker Mehrdad Mostofizadeh und der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Kai Gehring, sind zwar nicht überrascht, aber enttäuscht über das Aus der Ampel-Koalition – vor allem wegen der Hartnäckigkeit von Ex-Finanzminister Lindner. Für Mostofizadeh und Gehring war Lindners Verhalten verantwortungslos. Der Abgeordnete geht sogar so weit, die FDP als „verantwortungslos, kompromissunfähig und damit auch regierungsunfähig“ zu bezeichnen. Angesichts der aktuellen Lage – sowohl nach der US-Wahl als auch im Hinblick auf das weltweite Geschehen – hätten pragmatische Entscheidungen getroffen werden müssen.
"Der 6. November wird uns allen sehr lange im Gedächtnis bleiben und wirkt nach. Denn: Wir sind Morgens mit der Wahl von Trump in den USA aufgewacht, abends mit dem Ampel-Aus ins Bett gegangen (..). Und das ist natürlich für einen langjährigen Parlamentarier eine Ausnahmesituation.", sagt der Bundestagsabgeordneter der Grünen, Kai Gehring.
Besonders wichtig sei es gewesen, Deutschland wirtschaftlich und in der Friedenspolitik wieder auf Kurs zu bringen. Gespräche mit der Opposition halten die beiden Grünen-Politiker für notwendig. Deutschland brauche jetzt dringend Stabilität und Lösungen. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage Mitte Januar stellen will, finden sie den richtigen Schritt. Es sei gut, dass es einen geordneten Übergang zu Neuwahlen geben soll und nichts abrupt oder überstürzt passiert. Aber was bedeutet das Ende der Ampel jetzt für Essen? Ein nicht verabschiedeter Bundeshaushalt könnte dazu führen, dass Förderprogramme und die Bund-Länder-Finanzierung nicht ausreichend weitergeführt werden können. Deshalb müsse jetzt schnell eine Lösung gefunden werden, so die beiden Grünen-Politiker.
FDP Essen hält Ampel-Aus für den richtigen Schritt
Der Essener FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Peter Schöneweiß ist zwar nicht über das Aus der Ampel überrascht, wohl aber über den Zeitpunkt. Laut dem FDP-Politiker scheiterte die Regierung vor allem an der Frage des Bundeshaushalts. Schöneweiß empfand den von Lindner vorgelegten Plan als „den Besseren“ – seiner Meinung nach sollte man eher über Einsparungen und nicht durch weitere Schulden eine Wirtschaftswende erreichen. Für den FDP-Fraktionsvorsitzenden sollte Scholz die Vertrauensfrage früher stellen und die daraus sehr wahrscheinlich resultierenden Neuwahlen sollten so schnell wie möglich kommen – „damit das Land wieder ordentlich geführt werden kann.“
Linke-Politiker aus Essen reagiert
Für den Fraktionsvorsitzenden der Essener Linken, Wolfgang Freye, ist die Koalitionsauflösung kein Wunder. Für ihn waren die letzten Monate in Berlin ein „Trauerspiel“. Freye sagt, dass das Vertrauen der Bürger in die Regierung schon lange nachhaltig geschwächt war und dass Christian Lindner die Koalition gezielt zum Scheitern bringen wollte. Den Zeitpunkt der Vertrauensfrage hält der Essener Politiker für angemessen. Die Linke in Essen wolle sich in Zukunft vor allem auch für eine sozialere Politik einsetzen.
Für Essen sieht der Linken-Politiker jedoch zwei große Probleme: Erstens die kommunale Finanzierung und die Lösung der Altschulden, die die Regierung dem Ruhrgebiet zugesichert hatte. Zweitens die Stahlkrise, bei der auch thyssenkrupp, dessen Hauptsitz in Essen ist, betroffen ist – hier wäre dringendes Handeln der Regierung notwendig.
Die AfD in Essen hat unsere Anfrage bislang nicht beantwortet.
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