Krankenhaus-Beben in Essen: Neue Contilia-Pläne, Hintergründe und Reaktionen

Die Contilia-Gruppe will ihre Krankenhäuser im Essener Norden verkaufen. Ihr gehören drei Krankenhäuser in Altenessen, Stoppenberg und Borbeck. Eigentlich wollten sie in Altenessen eine komplett neue Klinik bauen. Dafür sollte eine Kirche und ein älteres Krankenhaus weg.

Marienhospital in Essen-Altenessen
© Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services

Pläne für Krankenhaus-Neubau in Essen-Altenessen auf Eis

Mehr als 700 Betten, rund 300 Millionen Euro: Die Pläne für das neue Krankenhaus mitten in Altenessen waren groß. Dafür sollten das Marienhospital und auch die Kirche Sankt Johann Baptist abgerissen werden. Jetzt steht zunächst alles wieder auf Anfang. Die Contilia-Gruppe aus Huttrop hatte vorletztes Jahr erst das Marienhospital in Altenessen, das St. Vincenz Krankenhaus in Stoppenberg und das Philippusstift in Borbeck gekauft. Im November hatte die Contilia sogar schon den offiziellen Startschuss für die Arbeiten an dem neuen Krankenhaus gegeben. Als erstes sollten Teile des Krankenhauses in Stoppenberg abgerissen werden. Dorthin sollten dann Teile des Marienhospitals umziehen, wenn das abgerissen wird. Am Montagnachmittag hat der Aufsichtsrat dann überraschend beschlossen, dass die Häuser wieder verkauft werden.

Deshalb will Contilia die Krankenhäuser in Essen verkaufen

In einer Stellungnahme spricht die Contilia von neu geschaffenen Rahmenbedingungen. Im Gesundheitswesen hat sich vieles verändert, heißt es. Unter anderem wurde das Budget für die Pflege gesetzlich geändert. Außerdem gibt es in den Stationen neue Untergrenzen für das Pflegepersonal. Da gilt das Prinzip: Mehr Mitarbeiter kosten mehr Geld. Offenbar würde der Betrieb der Krankenhäuser teurer werden. Die Contilia-Gruppe sagt, dass sie mit dem Verkauf der Krankenhäuser Verantwortung übernimmt.

So soll es mit den Krankenhäusern in Essen weitergehen

Über die Krankenhäuser im Essener Norden soll es bis Mitte des Jahres Klarheit geben. Gespräche soll es ab sofort geben. Es gibt gerade noch keine konkreten Interessenten, sagt der Chef der Contilia-Gruppe Dirk Albrecht im Radio Essen-Interview. Er ist aber zuversichtlich, dass die Häuser verkauft werden. Ein neuer Käufer könnte zum Beispiel ein großer Krankenhausverbund sein. Ob der neue Käufer dann auch das neue Krankenhaus in Altenessen baut, steht noch nicht fest. Das sei keine Kaufbedingung. Trotzdem ist sie selbst weiterhin von den Neubau-Plänen überzeugt.

Reaktionen I: Contilia-Mitarbeiter in Essen sind enttäuscht

Die Mitarbeiter der Kliniken im Essener Norden wurden heute Morgen über die neue Entwicklung informiert. Es gab ein Treffen am Philipusstift in Borbeck und am Marienhospital. Nach Radio Essen-Informationen war die Stimmung bedrückt. Für sie bedeutet ein Verkauf neue Unsicherheit. Denn die Contilia-Gruppe war erst vor knapp zwei Jahren ihr Arbeitgeber geworden. Jetzt kommt wieder ein neuer. Ein Vertreter der Mitarbeiter wollte sich am Dienstag offiziell noch nicht äußern. Er will die neuen Informationen erst mal sacken lassen. Ein Radio Essen-Stadtreporter hat mit einigen Pflegern gesprochen. Sie sagen unter der Hand, dass sie als Pfleger ohnehin gebraucht werden. Auch der neue Betreiber der Krankenhäuser würde die Mitarbeiter wohl übernehmen, hoffen sie. Davon spricht auch der Contilia-Chef. Fachkräfte würden immer gebraucht werden. Der neue Käufer soll die Mitarbeiter übernehmen.

© Anja Wölker / Radio Essen

Reaktionen II: Spitzen-Politiker überrascht von Krankenhaus-Beben in Essen

Die Nachricht vom Verkauf der Krankenhäuser im Essener Norden hat auch Oberbürgermeister Kufen überrascht. Er hat sich inzwischen persönlich zu dem Thema geäußert und fordert, an den bisherigen Plänen für einen Klinikneubau festzuhalten. Er sichere nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die medizinische Versorgung und Weiterentwicklung im Essener Norden, sagt Kufen. Er sieht die Geschäftsführung der Contilia in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass die Pläne dafür trotz des Verkaufs weiterverfolgt werden. Konkrete Maßnahmen hat Kufen aber nicht angekündigt. Der Oberbürgermeister-Kandidat der SPD fordert sogar, dass die Stadt prüft die Kliniken selbst zu übernehmen. Gesundheit dürfe nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden, sagt Oliver Kern. In vielen anderen Städten seien städtische Krankenhäuser ganz normal.

Die FDP nimmt die Nachricht zu den Krankenhäusern "verwundert" zur Kenntnis. Sie sagt, dass die zuverlässige Versorgung das wichtigste Ziel bleiben muss. Dafür soll geguckt werden, wie viele Krankenhäuser im Essener Norden gebraucht werden. Auch die Zukunft der Kirche Sankt Johann Baptist darf sich nicht "zu einer Endlosschleife" entwickeln, heißt es. Die Essener Grünen sprechen von "Bedauern und Besorgnis". Sie haben vor allem Sorgen, dass die Krankenhäuser an einen privaten Klinikverbund verkauft werden.

Reaktionen III: Rettet Sankt Johann in Essen-Altenessen schöpft Hoffnung

Der Verein Rettet Sankt Johann schöpft neue Hoffnung für den Erhalt der Kirche in Altenessen. Sie war von der Gemeinde an die Contilia-Gruppe verkauft worden, damit sie die Kirche abreißen und den Platz für den geplanten Klinikneubau nutzen kann. Weil die Contilia ihre Krankenhäuser im Essener Norden jetzt plötzlich verkaufen will, sei auch der Klinikneubau gestoppt und der Kirchenabriss unnötig, sagt die Initiative zum Erhalt der Kirche. Sie fordert deshalb vom Kirchenvorstand, den Verkauf der Kirche rückgängig zu machen. Das Bistum hatte schon sehr früh auf die neuen Pläne im Essener Norden reagiert. Es will aber erst mehr Informationen sammeln, bevor es sich dazu positioniert.

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Standorte der drei betroffenen Krankenhäuser:

Reaktionen IV: Optimismus nach dem Schockmoment

Das Philippus-Stift gehört zur Contilia Gruppe, die sich aus dem Krankenhausverbund zurückziehen möchte. Wir haben mit dem Mitarbeitervorsitzenden am Philippus-Stift telefoniert. Wie war seine erste Reaktion auf die Meldung der Contilia?

© Radio Essen

Hier findet Ihr frühere Berichte zum Umbau der Krankenhauslandschaft im Norden von Essen


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