Nach Streit mit Ausländerbehörde Essen: Vorsitzender des Integrationsrats tritt zurück

Essens Integrationsratsvorsitzender Miguel Gonzáles Kliefken ist Mitte letzter Woche zurückgetreten. Grund dafür ist der Umgang der Ausländerbehörde mit seinem 81-jährigen Schwiegervater. Gegenüber Radio Essen erzählt Gonzáles Kliefken seine Geschichte. Was die Stadt dazu sagt, lest Ihr im Artikel.

© Socrates Tassos / FUNKE Foto Services

Ausländerbehörde Essen habe mit Abschiebung gedroht

Auf einer Sitzung letzte Woche Mittwoch (16.11.) ist der Integrationsratsvorsitzende in Essen, Miguel Gonzáles Kliefken, überraschend zurückgetreten. Der Grund dafür war der Besuch seines Schwiegervaters die damaligen Probleme mit der Ausländerbehörde. Der 81-Jährige stammt aus Venezuela und lebt dort bis heute. Ende 2021 ist er dann für drei Monate nach Essen gereist, um seine Familie zu besuchen. Kurz vor der Abreise im März 2022 ist er krank geworden, schildert Gonzáles Kliefken:

"Mein Schwiegervater hat unter anderem Gleichgewichtsstörungen gezeigt und das sollte man bei einem 81-jährigen Mann sehr ernst nehmen. Wir mussten Vorkehrungen treffen, deshalb sind wir zum Arzt gegangen. Dieser hat uns dann geraten, um weitere Untersuchungen vornehmen zu können, dass er erstmal nicht zurück fliegen sollte."

Daraufhin habe er die Ausländerbehörde gebeten, sein Visum um zwei Wochen zu verlängern. Das sei gescheitert und die Ausländerbehörde warf ihm vor, über die Absichten der Einreise getäuscht worden zu sein. Gonzáles Kliefken spricht hier von einem traumatischen Erlebnis und kann die Reaktion nicht verstehen, denn er bezahle alle anfallenden Kosten privat, erzählt er weiter.

Stadt Essen schildert die Vorfälle anders

Daraufhin soll die Ausländerbehörde in Essen der Familie Gonzáles Kliefken vorgeworfen haben, dass die Einreise des Schwiegervaters medizinische Gründe hatte und er sich jetzt deshalb illegal in Deutschland befände und eine Abschiebung drohe.

Auf Radio Essen-Nachfrage gab es laut Stadt verschiedene Vermittlungsversuche. Die Familie Gonzáles Kliefken habe den Kontakt zur Ausländerbehörde abgebrochen, heißt es von Stadtsprecherin Silke Lenz:

"In Gesprächen mit dem Betroffenen sind unterschiedliche Wege besprochen worden, wie der Aufenthalt in Deutschland zu bewerten ist, damit eine Verlängerung seines Aufenthaltes ermöglicht werden kann. Sind der Hintergrund seines Besuchs touristische Zwecke, hätte die 90 Tage visafreie Einreise mit einem qualifizierten ärztlichen Attest verlängert werden können. War der Hintergrund seines Besuchs eine ärztliche Behandlung in Deutschland, hätte vor Antritt der Reise bei einer venezolanischen Botschaft ein Visum beantragt werden müssen. Nach Ablauf des Visums hätte ebenfalls ein qualifiziertes ärztliches Attest eine aufschiebende Wirkung für eine Ausreise gehabt."

Dieses Attest sei nicht vorgelegt worden. Laut Gonzáles Kliefken sei dafür keine Zeit gewesen. Auf Anraten eines Anwaltes sei die Androhung einer Abschiebung sehr ernst zu nehmen gewesen. Und deshalb habe die Familie den sofortigen Rückflug gegen ärztlichen Rat mit einer Begleitperson organisiert.

Umstände bewegten Vorsitzenden des Integrationsrats aus Essen zum Rücktritt

Seit achteinhalb Jahren ist Gonzáles Kliefken ehrenamtlicher Vorsitzender des Integrationsrats in Essen. Sein Amt niederzulegen sei ihm sehr schwer gefallen, erzählt er:

"Wenn es mich selbst betroffen hätte, dann ist das eine Sache, aber meine Familie kann ich dieser Situation nicht aussetzen [...] und deswegen planen wir auch aus Essen wegzuziehen."

Auf einen Rechtsstreit verzichtet er, das Gremium könne er aber nicht länger unvoreingenommen weiterführen. Das habe ihn letztendlich zu einem Rücktritt bewegt.

Politiker aus Essen reagieren auf Rücktritt

Auch die Fraktionen der CDU und Grünen zeigen sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung bestürzt:

„Wir bedanken uns für sein persönliches Engagement im Interesse der Anliegen der Menschen. [...] Den konkreten Fall kennen wir nicht und können diesen auch nicht bewerten. [...] Diese Situation nehmen wir sehr ernst. Deshalb wurde auch auf Initiative von CDU und Grüne ein Handlungskonzept zur nachhaltigen Verbesserung der Dienstleisterqualität der Ausländerbehörde und der Arbeitsbedingungen erarbeitet, welches nun sukzessive umzusetzen ist."

Der integrationspolitische Sprecher der Ratsfraktion der Grünen, Ahmad Omeirat, sagte zu dem Rücktritt:

„Herr González Kliefken hat unbestreitbare Verdienste als langjähriger Vorsitzender des Integrationsrates erworben. So war er ein wichtiger Brückenbauer für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu Verwaltung und Kommunalpolitik.“

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