Essen: Impfgegner und Corona-Skeptiker machen mobil - Staatsschutz und Polizei alarmiert

Die Polizei Essen hat schon seit Monaten immer wieder mit Flyern von Corona-Skeptikern und Impf-Gegnern zu tun. In Essen sind mindestens fünf verschiedene Faltblätter verteilt worden - in der halben Stadt. Der Staatsschutz und der Pandemiestab der Polizei Essen haben sich dies immer wieder genau angeschaut.

© Radio Essen

Impfgegner verteilen unzählige Flyer in Essen

Seit November verteilen Impfgegner und Corona-Skeptiker in Essen unzählige Flyer, in denen sie vor einer Impfung gegen das Coronavirus warnen. Mindestens fünf verschiedene Flyer sind in Essen bereits aufgetaucht, zum Beispiel in Briefkästen in Kray, Freisenbruch, Schönebeck, Überruhr, Altendorf und im Südviertel. Nach eigenen Angaben hat einer der Urheber drei Millionen Stück in Deutschland verteilt. Der Inhalt der Flyer ist zwar verwirrend aber es liegen keine Straftaten vor, erklärt die Polizei gegenüber Radio Essen. Der Staatsschutz und der Pandemiestab der Polizei haben sich die Texte genau angesehen. Für eine Anzeige reichen die Formulierungen nicht aus. Die Beamten beobachten aber wo genau welche Flugblätter verteilt werden.

Stimmungsmache mit falschen oder alten Informationen

In den Flyern zählen Impfgegner zum Beispiel auf, welche Nebenwirkungen denkbar seien. Genannt werden etwa Unfruchtbarkeit bei Frauen und Schäden an Embryos. Allerdings gibt es trotz millionenfacher Impfung gar keine Hinweise auf solche Nebenwirkungen bei der Corona-Impfung. Auch legt der Text im Flyer nahe, dass es sich bei den in der EU zugelassenen Impfstoffen um Notfallzulassungen (im Flyer fett markiert) handeln würde, obwohl dies nicht der Fall ist. Gleichzeitig wird der Skandal um das Contergan-Medikament herangezogen, ohne dies in den Zusammenhang mit dem Coronavirus zu setzen. Viele Gründe sind inzwischen veraltet und widerlegt, etwa dass nicht mehr Menschen sterben als in anderen Jahren. Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen jedoch, dass vor allem seit der zweiten Oktoberhälfte außergewöhnlich viele Menschen gestorben sind - zeitgleich zum massiven Anstieg nachgewiesener Corona-Infektionen. Während der Flyer behauptet, es geben nicht "ungewöhnlich viele Sterbefälle", zeigt die Statistik:

"Im Oktober lagen sie 5 % über dem Durch­schnitt der Vorjahre, im November 12 %. Für die 51. Kalenderwoche vom 14. bis zum 20.12.2020 wurden bislang etwa 23 600 Sterbefälle gemeldet – das sind 24 % mehr als im Durch­schnitt der vier Vorjahre. In der Vorwoche übertrafen die Sterbefall­zahlen den Vorjahres­durchschnitt um 25 %".

Polizei Essen: Keine Handhabe gegen Impfgegner-Flyer

So wie die Texte verfasst sind, gehen sie wohl als freie Meinungsäußerung noch durch, erklärt die Polizei Essen gegenüber unserer Redaktion. Aber der Staatsschutz und der Pandemiestab der Essener Polizei würden das Geschehen beobachten und sich die einzelnen Flyer genau anschauen. Wer einen solchen Flyer bei sich im Briefkasten hat, kann ihn zur Polizei bringen. Außerdem kann es hilfreich sein, mit Nachbarn über die Flyer zu sprechen.

Wer steckt hinter den Flyern?

Mindestens einer der Flyer stammt von der Gruppe Freiheitsboten, die sich auch in Essen über die App Telegram organisiert. Nach eigenen Angaben kooperieren sie bei den Flyern mit verschiedenen Gruppen, wie "Ärzte für Aufklärung". Sie gilt als Anheizer für Anhänger von Verschwörungserzählungen, warnt vor "Zwangs-Imfungen" und mehreren Millionen Toten. Die zuständige Hamburger Ärztekammer distanziert sich bereits von den Aussagen auf dem Flyer und prüft, ob die Aussagen berufsrechtlich zu beanstanden sind. Auch der Verein "Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie" (MWGFD e.V.) mit Sitz in Passau wird genannt. Kritiker werfen diesem erst 2020 gegründeten Verein vor, dass sein Hauptzweck allein darin bestehe, gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vorzugehen.

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