Essen: Corona-Krise sorgt für fast zehn Prozent mehr Arbeitslose

Kurzarbeit, Entlassungen, schwierige Lehrstellensuche: Die Corona-Pandemie hat die eigentlich positive Entwicklung auf dem Essener Arbeitsmarkt gestoppt. Vieles ist allerdings nicht so schlimm gekommen wie zuerst erwartet. Die Verantwortlichen sprechen von "Licht und Schatten".

Fast zehn Prozent mehr Arbeitslose in Essen im Krisenjahr 2020

Die Arbeitsagentur, das Jobcenter, die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben eine Bilanz für das Krisenjahr 2020 gezogen. Die Zahl der Arbeitslosen ist um 8,6 Prozent gestiegen, von 30.700 auf 33.400 Essener. Die Spitze war im August. Blickt man auf die vergangenen Jahre zurück, ist diese Entwicklung nicht dramatisch: Zuletzt gab es auch im Jahr 2017 eine ähnliche Zahl an Arbeitslosen bei uns in Essen, in den Jahren davor waren die Zahlen sogar noch etwas höher. Entlassungen gab es vor allem in den Branchen, die unter Corona und den Lockdowns besonders zu leiden haben, unter anderem in der Gastronomie. Leiharbeiter und Beschäftigte der Metallindustrie wurden im Schnitt ebenfalls besonders oft arbeitslos. Probleme gab es auch bei Zahnarzt-Angestellten.

Ergänzend ist zu sagen: Im Januar 2021 lag die Zahl der Arbeitslosen bei 34.400 Menschen. Das ist nochmal ein Anstieg um 11,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Erfolgreich, aber teuer: Die Kurzarbeit in Essen im Jahr 2020

Mit Beginn der Corona-Krise gewann die Kurzarbeit auch bei uns in Essen sprunghaft an Bedeutung, ihre Spitze hatte sie im April des vergangenen Jahres erreicht. Damals wurde in fast 3700 Essener Betrieben tatsächlich Kurzarbeit angeordnet (das ist rund jede dritte Firma in unserer Stadt), fast 40.000 Mitarbeiter waren davon betroffen. Nach dem April ging die Zahl der Kurzarbeiter kontinuierlich zurück, Zahlen für den aktuellen Lockdown liegen allerdings noch nicht vor. Bei der Kurzarbeit arbeiten die Angestellten weniger als normal oder überhaupt nicht, für den Verdienstausfall bekommen sie Ersatzleistungen vom Staat. Auf diese Weise werden Entlassungen und Insolvenzen vermieden, wenn es zum Beispiel zu Auftragsengpässen kommt. Bisher sei auch kein Anstieg von Insolvenzen in Essen in Sicht, sagt die Agentur für Arbeit.

Andrea Demler, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Essen:

"Es gab kein Jahr in der Geschichte mit so viel Kurzarbeit in Essen. Sie federt massiv ab: Ohne Kurzarbeit hätten wir viel mehr Arbeitslose bekommen.“

Die Essener Agentur für Arbeit hat selbst 60 Menschen neu eingestellt, um die vielen Anfragen nach Kurzarbeit zu bearbeiten. Die Kosten für die Kurzarbeit sind im vergangenen Jahr enorm gewesen: Allein in Essen wurden rund 164,4 Millionen Euro ausgegeben, sagt die Agentur für Arbeit.

Ausbildung in Essen: 20 Prozent weniger Ausbildungsstellen bei den Friseuren

Bei den Ausbildungen hat die Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass viele Ausbildungsverträge erst sehr spät abgeschlossen wurden. Von Oktober bis Dezember gingen noch 300 Jugendliche neu auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz, immerhin 100 Stellen wurden aus den Essener Betrieben in diesem Zeitraum noch neu gemeldet, unter anderem von Ärzten und aus dem Einzelhandel. Unterm Strich gibt es in Essen aber immer noch fast 200 unbesetzte Ausbildungsstellen und 400 Bewerber ohne Job, das sind 90 unversorgte Bewerber mehr als vor einem Jahr.

Stephanie Herrmann, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Essen:

"Viele Branchen können aufgrund des anhaltenden Lockdowns nicht ausbilden, da sie überhaupt nicht wissen, wie es weitergeht und gerade ganz andere Sorgen haben."

Dietmar Gutschmidt, Fachbereichsleiterdes JobCenter Essen:

"Die Jugendlichen sind durch die Monate im Corona-Lockdown stark verunsichert. Viele fürchten um ihren Erfolg auf dem Ausbildungsmarkt, und die aktuellen Jahrgänge sorgen sich bereits jetzt um ihre Abschlussprüfungen und Zeugnisse.“

Die Essener Industrie- und Handelskammer spricht von erfreulichen Nachhol-Effekten auf dem Ausbildungsmarkt zum Ende des vergangenen Jahres, allerdings auf niedrigem Niveau. Es habe unterm Strich 1900 neue Ausbildungsverträge gegeben, das sei ein Minus von 12,7 Prozent. Die Kreishandwerkerschaft Essen meldet einen nicht ganz so hohen Einbruch: Im Jahr 2020 gab es im Handwerk insgesamt 735 neu abgeschlossene Ausbildungs-Verträge. Das sei ein Minus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit sei das Handwerk bisher relativ gut durch die Krise gekommen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund bemängelt, dass die Ausbildungsbereitschaft schon seit Jahren immer mehr nachlasse. In Zukunft würden die Fachkräfte fehlen.

Ausbildungsmarkt in Essen: Wo die Bewerbung jetzt lohnt

Wo es gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz gibt - vom IT-Experten bis zum Handwerker. Wir haben Franz Roggemann von der Industrie- und Handelskammer Essen und Wolfgang Dapprich von der Essener Kreishandwerkerschaft gefragt.

© Christian Bannier / Radio Essen

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