Eltern in Essen werden abgemahnt
Jacke an, Schuhe an, Kind zur Kita bringen und dann weiter zur Arbeit. Das ist Alltag für viele Eltern in Essen – eigentlich. Doch momentan kommt es in vielen Kitas der Stadt zu Notbetreuung. Das bedeutet: Nicht alle Kinder können die Kita besuchen, weil nicht genügend pädagogische Fachkräfte zur Verfügung stehen. Eltern müssen sich dann entweder kurzfristig um eine andere Betreuungsmöglichkeit kümmern oder selbst zuhause bleiben und auf das Verständnis ihrer Arbeitgeber hoffen.
„Viele Berufstätige stehen morgens in der Kita mit Tränen in den Augen und der Bitte das Kind zu betreuen,“ schreibt uns der Elternbeirat der Kita Blauer Elefant in Karnap.
Drei Mütter sollen dort bereits Abmahnungen von ihrem Arbeitgeber bekommen haben – sie sollen nicht mehr so kurzfristig ausfallen, berichtete der Elternbeirat.
Fachkräftemangel in Kitas in Essen
Die Kita Blauer Elefant in Karnap gehört zum Kinderschutzbund Essen, doch auch in anderen Kitas – zum Beispiel städtischen Einrichtungen oder bei der AWO – gibt es ähnliche Probleme. Dass pädagogische Fachkräfte immer wieder ausfallen, sei aber kein Wunder, erklärt Axel Bitterlich vom Kinderschutzbund Essen. Zum einen gehe aktuell eine Krankheitswelle durch die Essener Kitas, zum anderen seien die Mitarbeitenden häufig überlastet:
„Die Erzieherinnen und Erzieher sind mitunter genau so belastet, wie die Eltern und Familien,“ erklärt Bitterlich, „deswegen haben wir gerade gemeinsam mit den Eltern die Idee entwickelt, freiwillige Eltern aktiver in die Betreuung mit einzubeziehen, um die Erzieherinnen und Erzieher zu entlasten.“
Einige Eltern hatten deswegen vorgeschlagen, Vorlesenachmittage zu veranstalten. Die pädagogischen Fachkräfte hätten während dieser Zeit dann frei. Das sind aber natürlich nur kurzfristige Lösungen für ein langanhaltendes Problem. Damit es in den Kitas in den Wintermonaten aber langfristig zu weniger Notbetreuung kommt, müsse sich in der Politik etwas ändern, betont Axel Bitterlich im Radio Essen-Interview.
Kitas in Essen wünschen sich Unterstützung
Das Land NRW hat bestimmte Anforderungen an Kitas. Im Kinderbildungsgesetz ist zum Beispiel festgelegt, dass in Gruppen mit 20 Kindern von zwei bis sechs Jahren und in Gruppen mit zehn Kindern unter drei Jahren mindestens zwei pädagogische Fachkräfte anwesend sein müssen. Wenn diese Vorgaben nicht mehr erfüllt werden, kommt es zur Notbetreuung. Das kann schnell passieren, da es aufgrund des Fachkräftemangels ohnehin schon wenige Erzieherinnen und Erzieher gibt, erklärt Axel Bitterlich:
„Seit Jahren bedauern wir, dass die finanzielle Ausstattung im Bereich der Kindertageseinrichtungen, die das Land NRW uns zu Verfügung stellt, überhaupt nicht auskömmlich ist. Zumal wir mit immer mehr Themen, wie Inklusion und Sprachförderung zusätzlich belastet werden, ohne dass sich das in einer erhöhten Personalausstattung wiederfindet.“
Fachkräfte in Essen gesucht
Damit es in Essen wieder mehr Erzieherinnen und Erzieher gibt, hat die Stadt Essen die Ausbildungskapazitäten für den Beruf erhöht. Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, wurden zudem Fachkräfte aus Spanien angeworben. Um längeren Krankheitsfällen vorzubeugen, hat man in den städtischen Kitas auch für eine angemessene Arbeitsplatzausstattung gesorgt – höhenverstellbare Wickeltische sollen beispielsweise Rückenproblemen vorbeugen. Auch der Kinderschutzbund hat zur kurzfristigen Entlastung auf eigene Kosten Zeitarbeitskräfte eingesetzt und eine Kampagne gestartet, um offene Stellen zu besetzen. Den Kitas und Eltern bleibt jedoch trotzdem nicht viel anderes übrig, als durchzuhalten und abzuwarten.