Bilanz in Essen nach den Protesten zum AfD-Bundesparteitag

In Essen haben am Wochenende mehrere zehntausend Menschen gegen die Politik der AfD protestiert. Die Mehrheit der Proteste war laut, bunt und friedlich. Die Polizei Essen hat jetzt ihre Zahlen zum Wochenende veröffentlicht.

© Radio Essen

Polizei Essen zieht positive Bilanz nach Protesten am Wochenende

Die Polizei Essen zieht nach dem Wochenende mit den zahlreichen Demonstrationen rund um den AfD-Parteitag eine positive Abschluss-Bilanz. Die monatelangen Vorbereitungen haben sich bewährt, sagt die Polizei. Das Einsatzkonzept ist aufgegangen, obwohl es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstrantinnen und Demonstranten und Polizistinnen und Polizisten gab. Dazu haben wir unserem Radio Essen-Ticker ausführlich am Samstagmorgen berichtet. Bei diesen Auseinandersetzungen wurde ein Polizist schwer verletzt. Er wurde von Demonstranten mit Tritten am Kopf verletzt. 27 weitere Polizistinnen und Polizisten erlitten leichte Verletzungen. Auch auf Seiten der Demonstranten gab es zahlreiche Verletzungen, dazu liegen aber keine genauen Zahlen vor. Der Einsatzleiter und Polizeiführer der Essener Polizei Detlef Köbbel erklärt nach dem Wochenende:

"Unsere intensiven Vorbereitungen haben sich ausgezahlt. ... Der AfD-Bundesparteitag konnte wie geplant stattfinden und den friedlichen Versammlungsteilnehmern wurde es ermöglicht, ihren Protest auszudrücken."

Die Polizei bedankt sich außerdem bei den Anwohnerinnen und Anwohnern in Rüttenscheid für ihre Geduld und das Verständnis für die Maßnahmen.

++ Update 03.07.24 ++ Die Polizei Essen sucht weiter nach dem mutmaßlichen Täter, der für den Angriff auf den Polizisten verantwortlich sein soll. Es gab inzwischen mehrere Hinweise nach der Fotofahndung, aber noch keinen Erfolg. Der verletzte Polizist wurde inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen. Er wird aber mehrere Monate nicht seinen Dienst antreten können, erklärt eine Sprecherin der Polizei Essen auf Radio Essen-Nachfrage.

Einsätze in Essen haben jetzt weitere Folgen

In Essen gab es am letzten Wochenende insgesamt 34 Versammlungen. Die Zahl der angemeldeten Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwache schwankte in den letzten Wochen immer wieder. Es wurden bei der Polizei immer wieder Versammlungen an- und abgemeldet. Dazu kamen noch die Mahnwachen für die Personen, die die Polizei in Gewahrsam genommen hat. Diese wurden sehr kurzfristig angemeldet und genehmigt. Insgesamt saßen am Wochenende 22 Personen in Gewahrsam. Dafür gab es die unterschiedlichsten Gründe, bei manchen konnte die Polizei zum Beispiel die Identität nicht feststellen, erklärt eine Sprecherin der Polizei auf Radio Essen-Nachfrage. Alle Personen wurden bis Sonntagabend 20 Uhr aus dem Polizeigewahrsam wieder entlassen. Zwei Personen hatte die Polizei am Wochenende vorläufig festgenommen. Insgesamt wurden 143 Strafanzeigen gestellt, unter anderem wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Landfriedensbruch, Widerstands und 41 Strafanzeigen wegen tätlicher Angriffe auf Einsatzkräfte.


Feuerwehr Essen am Wochenende mit zahlreichen Einsatzkräften dabei

Die Feuerwehr Essen war bei den Protesten mit 420 Einsatzkräften in der Spitze dabei. Die Leitstelle der Feuerwehr wurde deutlich verstärkt, damit bei Notfällen alle Einsätze entsprechend koordiniert werden konnten. Dazu kam es nicht, die Rettungskräfte versorgten 38 verletzte Personen. Zu den Unfallhilfsstellen kamen 25 Personen und konnten meist ambulant behandelt werden. Ein Sprecher der Feuerwehr Essen fasst das Wochenende zusammen:

"Im Verhältnis zur prognostizierten Zahl an Demonstrierenden und ähnlich großen Veranstaltungen ist dies ein sehr niedriger Wert."

Die Feuerwehr kann allerdings nicht einschätzen, wie viele Menschen mit Verletzungen sich nicht haben behandeln lassen, selbst ins Krankenhaus oder zu einem Arzt gegangen sind. An den Einsätzen am Wochenende waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Feuerwehr Essen, des Arbeiter- und Samariter-Bundes, des Deutschen Roten Kreuzes, der Johanniter Unfallhilfe, des Maltester Hilfsdienstes, des DLRG Essen und des THW OV Essen beteiligt. Es gab zwei Vorfälle. Ein Mitarbeiter einer Messebaufirma auf dem Messegelände erlitt einen Herzstillstand. Die Rettungskräfte konnten den Mann wiederbeleben und lebend ins Krankenhaus bringen. Außerdem verlor am Samstagabend ein Rettungswagen das linke Hinterrad bei einer Einsatzfahrt. Die beiden Sanitäter und die Patientin blieben unverletzt. Die Feuerwehr hat Anzeige bei der Polizei erstattet, weil sich die Radmuttern an dem Hinterrad gelockert hatten.

Kritik in Essen an Einsatz der Polizei

Das Bündnis Widersetzen, das am Samstagmorgen den zivilen Ungehorsam organisiert hatte und den Bundesparteitag der AfD verhindern wollte, übt im Nachhinein Kritik an dem Vorgehen der Polizei. Das Bündnis berichtet von Verletzungen wie Arm-, Nasen- und Jochbeinbrüchen bei den Demonstrierenden. Es gab teils starke Augenreizungen, Atemnot und einige Demonstrantinnen und Demonstranten sollen das Bewusstsein verloren haben. Dazu gibt es Berichte, dass Demonstrantinnen und Demonstranten Prellungen, Stauchungen, Platzwunden und beschädigte Zähne erlitten haben. Janine Wissler, Vorsitzende der Partei Die Linke war als parlamentarische Beobachterin in Essen und sagt:

"Viele tausend Menschen haben sich am vergangenen Wochenende in Essen der AfD friedlich in den Weg gestellt. Wenn wir Rechtsaußen die Stirn bieten wollen, dann reichen Sonntagsreden nicht aus. Essen ist aufgestanden gegen Rassismus und rechte Hetze. Diese Menschen sind das Schutzschild der Demokratie. Ihnen und ihrem Engagement gilt unser Dank."

In einer Pressemitteilung äußern außerdem die Anwälte Kritik am Vorgehen der Polizei Essen. Teilweise sollen die Personen, die in Gewahrsam genommen wurden, lange auf den anwaltlichen Beistand gewartet haben. Sie kritisieren auch die Bedingungen der Unterbringung im Polizeipräsidium Essen und die Möglichkeiten als Anwälte mit ihren Mandanten zu sprechen.

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