Widerstand aus Essen gegen Vatikan: Priester will homosexuelle Paare segnen

Auch in Essen wird die Kritik am "Nein" aus dem Vatikan zur Segnung homosexueller Paare immer lauter. Der Essener Kaplan Maximilian Strozyk bietet zum Beispiel schwulen und lesbischen Paaren weiterhin einen Segen an - so wie mehrere hundert Seelsorger in ganz Deutschland. Auch Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer widersprechen dem Vatikan und fordern eine kirchliche Neubewertung der Homosexualität.

© Sven Christian Schulz / Radio Essen

Kritik aus Essen am umstrittenen Vatikan-Papier

Ein Papier aus dem Vatikan hat für heftige Diskussionen in Deutschland und weltweit gesorgt. Es untersagt eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die vielerorts bereits praktiziert wird. Kritik an dem "Nein" aus dem Vatikan kommt auch vom Essener Generalvikar Klaus Pfeffer: Die Verlautbarung aus dem Vatikan habe ihn "tief erschüttert", erklärt Pfeffer gegenüber Radio Essen. Er habe den Eindruck, der Vatikan versuche mit dieser Maßnahme die Debatte um die Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral im Keim zu ersticken. "Die Wirkung des Papiers ist verheerend", so Pfeffer. Er selbst habe verschiedene Briefe erhalten, in denen Gläubige den Austritt aus der Kirche ankündigen. Gleichzeitig warnt Generalvikar Klaus Pfeffer vor einer Polarisierung.

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© Radio Essen

Vatikan-Nein zur Segnung homosexueller Paare "beflügelt" extrem Konservative

Pfeffer sei erschrocken über die Zunahme diskriminierender Äußerungen aus extrem konservativen Kreisen. Diese seien durch das Vatikan-Papier "beflügelt" worden, ihre Haltung in "erschreckender Wortwahl" kundzutun. "Das finde ich alles abgründig", so der Generalvikar gegenüber Radio Essen.

Inzwischen haben mehrere hundert Seelsorger in ganz Deutschland öffentlich erklärt, dass sie nach wie vor homosexuelle Paare segnen werden. Mit einer Strafe müssen sie im Bistum Essen nicht rechnen. "Es liegt uns völlig fern - gerade in der Frage des Umgangs mit gleichgeschlechtlichen Menschen - mit Strafe oder Drohung zu agieren", so Pfeffer. Im Gegenteil: Er fordert eine Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral, auch deshalb, weil genau diese Sexualmoral "zum Nährboden sexualisierter Gewalt gehört".

Priester in Essen bietet Segnung an

"Unverständnis, Sprachlosigkeit und Wut" löste das Schreiben aus Rom beim Essener Kaplan Maximilian Strozyk aus. Er ist Schulseelsorger am bischöflichen Schulzentrum am Stoppenberg und geistlicher Leiter (Diözesankurat) der DPSG-Pfadfinder im Diözesanverband Essen. Für ihn ist nicht nachvollziehbar, dass eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare nicht möglich sein soll. "Es geht darum, Menschen zu segnen, die sich lieben, die oft eine jahrelange Partnerschaft miteinander verbindet und die spüren, dass es gut ist, diesen Segen Gottes mit auf ihren Weg zu nehmen". Er sieht keine Argumente, die diesen Segen unmöglich machen oder dass dies entgegen der Schöpfungsordnung sei. "Ich kann nicht nachvollziehen, woher die große Angst vor Veränderung herkommt", so Strozyk gegenüber Radio Essen. Er hofft, dass Kirche den Mut findet, die Segnungen in Zukunft auch offiziell zu ermöglichen.

Bild: Christian Korchius  / Bistum  Essen
Maximilian Strozyk (2.v.r.)©
Maximilian Strozyk (2.v.r.)
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Bischof Overbeck fordert kirchliche Neubewertung der Homosexualität

In einem Brief an die Pfarreien forderte am Freitag auch Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck "eine ernsthafte und zutiefst wertschätzende Neubewertung der Homosexualität". In den vergangenen Tagen sei on Kirchengemeinden und Seelsorgern eine offene Ablehnung der lehramtlichen Position zum Ausdruck gekommen, "die nicht mehr ignoriert werden darf". Die kirchliche Lehre verlange "dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität", so der Bischof.

Overbeck verweist auch auf die Segensfeiern, die der Vatikan in seinem Schreiben untersagt hatte. Diese Segensfeiern für homosexuelle Paare spielen für Overbeck eine wichtige Rolle und seien entstanden aus der seelsorglichen Begleitung der betroffenen Menschen.

"Über das Gute ihres Lebens einen Segen zu sprechen, der nicht einer Trauung ähnelt, wohl aber Zeichen der Begleitung ist, soll doch zeigen: Im Namen der Kirche ist Gott in dieser Beziehung gegenwärtig".

Dieses "zarte Porzellan" bei glaubenden Menschen dürfe die Kirche nicht zerbrechen, sondern sie müsse vielmehr segensreiche Beziehungen stärken, erklärt der Essener Bischof.

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