Missbrauchsvorwürfe in Essen: Anschuldigungen gegen ehemaligen Bischof

In der katholischen Kirche gibt es überraschende Missbrauchsvorwürfe gegen den ersten Bischof von Essen. Die Vorwürfe gegen Kardinal Franz Hengsbach sind gravierend, heißt es vom Bistum. Wenn es weitere Betroffene gibt, sollen sie sich melden. 

© Bistum Essen

Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Franz Hengsbach

Kardinal Franz Hengsbach war der Bischof im damals neu gegründeten Ruhrbistum, er war von 1958 bis zu seinem Todesjahr 1991 im Amt. Der erste Missbrauchsvorwurf liegt sogar noch länger zurück: Im Jahr 1954 soll er eine damals 16-jährige Jugendliche sexuell missbraucht haben, noch in seiner Zeit im Erzbistum Paderborn. Die Vorwürfe wurden Jahrzehnte später in Rom als nicht plausibel bewertet. Inzwischen hat das Erzbistum Paderborn daran aber Zweifel.

In Essen stehen zwei Fälle im Raum: Eine Anschuldigung wurde vor Jahren aus eigenem Willen wieder zurückgezogen. Überraschend hat sich im Oktober des vergangenen Jahres dann aber eine weitere Person beim Bistum Essen gemeldet. Sie hat zu Protokoll gegeben, dass sie im Jahr 1967 einen sexuellen Übergriff durch Hengsbach erlitten habe.

© Radio Essen / Timm Schröder

Bistum Essen nennt Anschuldigungen "gravierend"

Die neuen Vorwürfe sind offenbar so glaubwürdig, dass sich das Bistum dazu entschieden hat, sie zu veröffentlichen. Der amtierende Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat zur Veröffentlichung der Vorwürfe Stellung genommen: Ihm sei bewusst, "was diese Entscheidung, die ich nach gründlicher Abwägung der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Erkenntnisse getroffen habe, bei vielen Menschen auslösen wird“, betont der Bischof angesichts der großen Bedeutung, die der Gründerbischof des Ruhrbistums für viele Kirchenmitglieder im Bistum Essen und für die ganze Region hat. 

"Ich hoffe, dass es uns bei allen Schritten, die jetzt anstehen, vor allem gelingen wird, stets die Perspektive der Betroffenen in den Vordergrund zu stellen“, hebt Bischof Overbeck hervor. Da nicht auszuschließen ist, dass es weitere Missbrauchsbetroffene gibt, ruft Overbeck Betroffene auf, sich zu melden: "Sollten Sie selbst sexualisierte Gewalt durch Kardinal Hengsbach erlitten haben, dann wenden Sie sich bitte an die beauftragten Ansprechpersonen im Bistum Essen. Das Gleiche gilt auch, wenn Ihnen Hinweise bekannt sind, die für die weitere Aufarbeitung hilfreich sein können.“

Der 1988 zum Kardinal erhobene Hengsbach war bis zu seinem Tod einer der bekanntesten Geistlichen Deutschlands. Er war unter anderem Mitgründer des bischöflichen Hilfswerkes Adveniat und über 17 Jahre deutscher Militärbischof.

Enthüllung der Kardinal Hengsbach-Skulptur am 13. Oktober 2011© Mona Contzen/WAZ FotoPool
Enthüllung der Kardinal Hengsbach-Skulptur am 13. Oktober 2011
© Mona Contzen/WAZ FotoPool

Beauftragte Ansprechpersonen im Bistum Essen:

Um Betroffenen sexualisierter Gewalt, die Missbrauch durch haupt- oder ehrenamtlich Tätige des Bistums Essen erleiden oder erlitten haben, die Hürde zur Kontaktaufnahme zu erleichtern, hat Bischof Franz-Josef Overbeck im Jahr 2021 ehrenamtliche Ansprechpersonen beauftragt. Jede Person, die von sexualisierter Gewalt in einer katholischen Einrichtung oder durch Mitarbeitende der Kirche betroffen ist, kann sich direkt an diese Ehrenamtlichen wenden. Sie sind von jeder Weisung unabhängig.

Monika Bormann | 0151-16 47 64 11 | monika.bormann@bistum-essen.de

Mechtild Hohage | 0151-57 15 00 84 | mechtild.hohage@bistum-essen.de

Martin Oppermann | 0160-93 09 66 34 | martin.oppermann@bistum-essen.de

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