Radio Essen: Sondersendung mit Arbeitsrechtler und Euren Fragen

Die Auswirkungen der Coronakrise treffen einige Branchen besonders hart. Die Bundesregierung hat deshalb die Hilfen für Betriebe ausgeweitet. Beispielsweise wurden die Regelungen zum Kurzarbeitergeld angepasst. Außerdem bekommen Solo-Selbstständige und Kleinunternehmen Soforthilfe. Dazu bleiben aber noch viele Fragen offen. In einer Sondersendung haben wir am Dienstag, 24. März von 16.00 bis 18.00 Uhr viele Eurer Fragen beantwortet.

Coronavirus: Sondersendung bei Radio Essen mit Arbeitsrechtler Frank Roeser
© Zoi Tasovali/Radio Essen

Ihr habt dem Arbeitsrechtler Frank Roeser bei Radio Essen Eure Fragen gestellt

In der zweiten Sondersendung haben wir Eure Fragen rund um den Job und die Coronakrise gestellt. Es ging u.a. um Kurzarbeitergeld, Kündigungsschutz oder Zwangsurlaub. Dazu haben wir den Arbeitsrechtler Frank Roeser aus Rüttenscheid in unser Studio in die Lindenallee eingeladen.

Hier könnt Ihr die Sendung in voller Länge nachhören:

© Christian Bannier / Radio Essen
© Christian Bannier / Radio Essen

Aktuelle Arbeitslage und Eure Rechte

Die Frage einer Hörerin war es, ob der Arbeitgeber einen dazu zwingen kann in einem Großraumbüro zu arbeiten bpsw. in einem Call-Center. Laut Frank Roeser kommt es hier auf den Einzelfall an. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber das anordnen, aber in der aktuellen Lage gibt es viele Fragen, die vorab beantwortet werden müssen: Wie groß ist das Büro? Wie viele Leute sind noch da? Kann der Mindestabstand von 1,50 Meter eingehalten werden? Die Arbeitnehmer müssen sich nämlich keinen unnötigen Risiken aussetzen.

Viele Radio Essen-Hörer machen sich aktuell außerdem Sorgen um ihre Überstunden und fürchten, dass die wegfallen. Arbeitsrechtler Frank Roeser erklärt: Überstunden werden entweder pauschal abgegolten oder jede einzelne Überstunde wird individuell überprüft und anschließend ausgezahlt.

Einige fürchten um ihre Überstunden, andere um ihren Job: Eine Hörerin, die in einem Pflegeheim arbeitet, kommt im Moment nicht mehr pünktlich zu ihrer Frühschicht, weil die Ruhrbahn ihren Fahrplan ausgedünnt hat. Das sei aber überhaupt nicht schlimm, macht der Experte für Arbeitsrecht, Frank Roeser, bei Radio Essen klar. Der Arbeitgeber hat schließlich eine Fürsorgepflicht und falls die Mitarbeiter wegen der Bahn erst etwas später anfangen können, solle man sich vor allem in dieser Zeit verständnisvoll und solidarisch zeigen.

Weitere Hörerfragen in Kürze von Arbeitsrechtler Frank Roeser beantwortet:

  • Warum müssen Auszubildende weiter arbeiten, obwohl die Schulen geschlossen sind? Das steht häufig so im Ausbildungsvertrag drin. Wenn die Schule ausfällt, dann wird in der Firma weitergearbeitet.
  • Kann mein Chef Zwangsurlaub verhängen? Das geht grundsätzlich nicht. Der nächste Schritt wäre aber sonst Kurzarbeit oder gar die Entlassung.
  • Kann mein Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen aussprechen? Nein. Das Kündigungsschutzrecht gilt nach wie vor.
  • Habe ich als Mini-Jobber ein Recht auf Lohnfortzahlung? Ja.
  • Ich arbeite 80 Stunden im Monat in einer Bäckerei. Kann mein Arbeitgeber mir meine Stunden einfach wegkürzen? Eine einseitige Veränderung der Vertragsbedingungen geht nicht. Das sollte mit dem Arbeitnehmer abgesprochen und vertraglich geändert werden.
  • Kann mir mein Chef das Gehalt einfach wegstreichen? Ich arbeite als 450 Euro-Kraft. Er kann Sie freistellen, aber nicht die Gehaltszahlung einstellen.

Alle Fragen rund ums Kurzarbeitergeld

  1. Was ist Kurzarbeitergeld? Das ist eine Lohnersatzzahlung, die der Staat dem Arbeitgeber gibt. Der muss das wiederum an seine Mitarbeiter auszahlen. Grundvoraussetzungen: Aufträge brechen nahezu komplett weg, der Arbeitsausfall ist nur vorübergehend und es gibt ein unabwendbares Ereignis (hier: Coronakrise).
  2. Wer kann einen Antrag auf Kurzarbeit stellen? Jedes Unternehmen, das mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt. Kurzarbeit wird beantragt, um Kündigungen zu vermeiden.
  3. Wie viel meines Gehalts bekomme ich bei Kurzarbeit? In der Regel nur noch 60 Prozent.
  4. Bekommen alle Mitarbeiter Kurzarbeitergeld? Das entscheidet der Arbeitgeber. Er entscheidet am Ende auch, wie viele Mitarbeiter er beschäftigen möchte.

Viele Radio Essen-Hörer haben uns die gleiche Frage gestellt: Darf ich noch einen Minijob annehmen, obwohl ich bereits Kurzarbeitergeld bekomme? Der Arbeitsrechtler Frank Roeser sagt ganz klar: Ja, das geht. Man kann durchaus zusätzliches Geld durch einen Minijob reinholen. Das Problem ist aber: Die Arbeitsagentur verrechnet das, was man im Rahmen des Minijobs bekommt, mit dem Kurzarbeitergeld, erklärt Frank Roeser. Das bedeutet, dass am Ende nur etwa 100 Euro übrig bleiben könnten. Auf die Frage eines Hörers, warum das Kurzarbeitergeld nicht für die 450 Euro-Kräfte gilt, sagt er, es gebe dafür keine klare rechtliche Erklärung. Es könnte aber wohl an dem zu erwartenden hohen Arbeitsanfall bei den Arbeitsagenturen liegen.

Kinderbetreuung und Bescheinigungen

Eine Radio Essen-Hörerin wollte wissen, ob denn Arbeitgeber eine Kinderbetreuung einrichten dürfen, damit die Mitarbeiter ihren Job antreten können. Das würde laut Arbeitsrechtler Frank Roeser alles unterlaufen, was nach dem Infektionsschutzgesetz angeordnet wurde. Also, die Schließung von Kitas und Schulen. Ein Chef, der so etwas anordnet, macht sich demnach strafbar nach dem Infektionsschutzgesetz. Darüber hinaus gibt es wohl Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern bescheinigen, dass sie zur Schlüsselpersonengruppe gehören, obwohl das nicht so ist, damit die Kinder in den Kitas betreut werden. Eine Hörerin will deshalb wissen, ob diese Bescheinigungen überprüft werden und ob das überhaupt rechtens ist. Wenn sich ein Verdacht ergibt und das angezeigt wird, dann kann der Arbeitgeber möglicherweise seine Gewerbezulassung verlieren. Der Grund laut Arbeitsrechtler Frank Roeser: Schriftliche Lüge.

Eine andere Hörerin hatte folgende Frage: Sie ist alleinerziehend und arbeitet als Erzieherin in einer Kita. Ihre Tochter geht in eine andere Einrichtung. Kann sie ihre Tochter nicht aus der Kita vorübergehend rausnehmen und sie in ihre Einrichtung mitnehmen. So könne sie das Infektionsrisiko halbieren. Nein, sagt Arbeitsrechtler Frank Roeser aus Rüttenscheid. Denn das Kind hat einen Betreuungsvertrag in der Kita. Da kann die Mutter es nicht einfach vorübergehend in eine andere Kita bringen.

Wir haben wegen der vielen Meldungen zum Coronavirus einen eigenen Bereich auf unserer Webseite eingerichtet. Da findet Ihr alle Informationen, die Ihr aktuell brauchen könnt.

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